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Besuchererwartungen im Fokus

Immer öfter besuchen Entscheider selbst Messen. Diese bringen neue Erwartungen an den Besuch, den Aufenthalt und den Erfolg der Messe mit.
Dirk Zimmermann | 05.09.2007
Zielgruppen und Motive

Die Qualität des Messepublikums ist höher denn je. Das läßt sich an zwei Anhaltspunkten verdeutlichen.

Zum einen ist die Zahl der unvorbereiteten Messegänger in den letzten Jahren zurückgegangen. Es gehen zwar weniger Besucher auf Messen, dafür kommt aber mehr professionelle Klientel, die genau weiß, was sie will.

Zum anderen wird der Messebesuch zur Chefsache. Der Großteil der Fachbesucher nimmt in ihrem Unternehmen eine leitende Funktion ein. Laut einer aktuellen Umfrage sind 61 % der Fachbesucher auf deutschen Messen Entscheider (vgl. AUMA – „Fachbesucheranalyse“, 2003).

Auch die neueste Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung (vgl. „LAE“, 2007) zeigt: 85,6 % nutzen sie für Einkauf und Information. Besonders ausländische Besucher weisen einen hohen Anteil an Geschäftsführern und Vorständen auf.

Für Messegesellschaften und Aussteller heißt das: Weniger auf absolute Besucherzahlen als auf deren Struktur, Kompetenzen und Einkaufsvolumina zu schauen.

Die Fachbesucheranalyse enthüllte weiterhin: 35 % der Besucher sind Erstbesucher und fast ein Viertel aller Fachbesucher wollen neue Geschäftspartner finden. Eine wertvolle Chance für Aussteller, um neue Kunden anzusprechen (vgl. AUMA – „Fachbesucheranalyse“, 2003).

Die Verweildauer auf der Messe wird zunehmend kürzer. Zwei von drei Besuchern nehmen sich nur noch einen Tag Zeit für ihren Messebesuch (vgl. AUMA – „Fachbesucheranalyse“, 2003). Der knappe zeitliche Rahmen erfordert optimale Voraussetzungen, um die Besucheransprüche auch in dieser kurzen Zeit zu erfüllen.

Immerhin 44 % der Entscheider bleiben noch für zwei oder mehr Tage auf der Messe (AUMA - Fachbesucheranalyse 2003). Geht es um Entscheidungen zu Einkauf oder Investition, nutzen die Besucher eine Messe länger und intensiver.

Weiterhin ist wichtig, ob der Fachbesucher im nächsten Jahr wieder zur Messe kommt. Laut einer Studie von NFO INFRATEST aus dem Jahr 2002 sind hier Fachbesucher ihrem Messeplatz eher treu als private Besucher.


Anforderungen und Ziele

Geht der Fachbesucher heute auf eine Messe, ist das nicht zum Vergnügen. Angesichts der Einsparungsmaßnahmen im Unternehmen, muß auch der Mitarbeiter, welcher eine Messe besucht, seine Aufgabe so effektiv wie möglich erledigen.

Das heißt: Kein planloses Herumschlendern in den Messehallen, sondern gezielte Standbesuche und Gespräche mit Ausstellern.

Messe ist Arbeit für den Besucher. Er ist sozusagen der „Spurensucher“, von dem erwartet wird mit neuen Ideen, Lösungen und Innovationen zurückzukommen, die dem ganzen Unternehmen von Nutzen sein werden.

Dabei werden Messen vor allem in den ersten drei Phasen der Kaufentscheidung genutzt, welche sich mit der Vorbereitung von Kaufentscheidungen beschäftigen.

Eine aktuelle Untersuchung von TNS EMNID im Auftrag der Deutschen Fachpresse zeigt: 46 % der befragten Entscheider nutzen die Messe als Informationsquelle, nach Internet und den Fachzeitschriften.

Vorrangige Ziele der Messebeteiligung sind demzufolge Informationen zu sammeln, Gespräche mit Partner, Trends und Innovationen kennen zu lernen und konkrete Problemlösungen zu finden.

Immer mehr in den Hintergrund tritt der tatsächliche Vertragsabschluß. Aus Sicht der Besucher wird die Messe mehr als Ort gesehen, wo man das Angebot sondiert, um danach über den Kauf zu entscheiden.


Planung und Vorbereitung

Die Fachbesucher von heute sind besser vorbereitet denn je. Laut einer Untersuchung von MUMMERT CONSULTING kam auf die CeBIT 2005 nur jeder 10. Fachbesucher unvorbereitet. Die Kosten, die der Besucher für die Messe aufbringt, sollen sich durch die Qualität von Information und Kontakten amortisieren und somit den Ausflug lohnenswert machen.

Somit planen nicht nur Aussteller ihre Messebeteiligungen genau, auch die Fachbesucher wissen im Vorfeld, was sie auf einer Messe suchen – und was nicht. Vor Ort darf er schließlich keine Zeit verlieren.

Zur Vorbereitung nutzen sie ein breites Spektrum: Das Informationsangebot der Messe im Internet stellt hier einen wichtigen Faktor dar um die punktuelle und zielgerichtete Vorbereitung zu ermöglichen.

Zudem lesen sie die Fachpresse oder fragen bei Kollegen nach. Fachzeitschriften sind laut der Entscheideranalyse Fachzeitschriften 2006 (Zenithmedia München) für zwei Drittel der Befragten eine gute Möglichkeit, um sich über Messen zu informieren.

Damit sind sie in der Regel schon so gut informiert, daß es vor Ort auf der Messe weniger um die Vermittlung von Basisinformationen geht denn um die individuelle Beratung und das Erleben des Produktes.

Dies zeigt auch ein weiteres erstaunliches Ergebnis der eben genannten Analyse von Zenithmedia: Nur ungefähr jeder vierte Entscheider liest die auf den Messen verteilten Messezeitschriften.

Der Besucher wählt schon im Vorfeld unter den Ausstellern diejenigen Anbieter, welche er in die engere Auswahl nimmt und vereinbart entsprechend Termine. Selbst wenn kein Termin vereinbart wurde, weiß zumindest der Besucher schon, daß Ihr Stand auf seinem Plan ist.

Für die Vorbereitung erstellt er sich Checklisten, organisiert den Ablauf des Messetages, welcher dann konsequent abgearbeitet wird. Zwischen festen Terminen plant er aber auch ab und an freie Zeit, um einfach über die Messe schlendern zu können und sich inspirieren zu lassen.


Anliegen und Wünsche

Die wachsende Informationsüberlastung durch die Kommunikationsmaßnahmen der Anbieter schränkt die Wahrnehmung der Besucher ein und eine Überflutung mit Reizen läßt das akzeptierte Maß an Informationen sinken.

Entsprechend will der Kunde mehr Qualität statt Quantität und eine individuell abgestimmte Behandlung. Dabei stellt er eine Reihe an Anforderungen an die Messe von heute - und morgen.

1. Information - Innovation - Wissen:

In jedem Fall will er schnell und effizient entsprechend seiner Bedürfnisse informiert werden. 75% der Fachbesucher sind nur am Geschäft interessiert. Sie wollen bei ihrem Messebesuch Trends und praktisches Wissen mitnehmen.

2. Struktur und Übersichtlichkeit

Klare Angebotsstrukturen sind die Voraussetzung für den Besucher um sich zurechtfinden zu können. Sie wollen eine offene Kommunikation der Angebotsbestandteile und der Ausstellerstruktur auf der einen Seite und eine Umsetzung dieser Struktur in Form von Leitsystemen, Themenblöcken und Orientierungshilfen auf der anderen.

3. Kompetenz

Aussteller entscheiden sich aktiv auf eine Messe zu gehen, weil das Angebot interessant für sie ist und sie sich von dem Besuch einen Nutzen versprechen.
Vordergründig für die Zufriedenheit der Besucher mit der Messe ist ein qualitativ hochwertiges Ausstellerportfolio, welches den Bedürfnissen der Fachbesucher gerecht wird. Die Qualität der Gespräche ist besonders wichtig, auf belanglose Plauderei wird größtenteils verzichtet.

4. Individualität

Individuell zugeschnittene Lösungen und die Wahrnehmung als wichtiger Kunde sind gefordert. Dabei sind gerade Entscheider gegenüber der Kommunikationsqualität besonders kritisch und erwarten, daß im Gespräch auf ihre individuellen Bedürfnisse eingegangen wird.

5. Emotionalität und Persönlichkeit

Fachbesucher wollen Fachwissen emotional aufbereitet. Emotionen helfen Interesse und Spannung aufzubauen, das gilt für die Messe an sich ebenso wie für jeden einzelnen Aussteller. Das Unterhaltungsbedürfnis der Besucher muß ebenso befriedigt werden wie die Information rund um das Produkt. Ein wichtiger Faktor dabei sind die Menschen auf dem Stand. Besonders angesichts der Zunahme internationaler Geschäftsbeziehungen wird es wichtig, das Gesicht zur Stimme kennen zu lernen, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken.

6. Dialog und ein offenes Ohr

Zuhören spielt daher für die Besucher eine besondere Rolle. Verkäufer auf einer Messe lassen sich schnell dazu verleiten, ihr Produkt ohne Nachfrage jeden anzubieten, der gerade auf ihren Stand schlendert. 80 % der Verkäuferfragen nicht nach der Position des Besuchers. Ob Kunde und Produkt zusammenpassen, kann aber nur festgestellt werden, wenn die Kundenwünsche klar ermittelt wurden. Ein individuelles Problem erfordert eine individuelle Lösung.

7. Rund-um-Service

Komplettpakete, die den Messebesuch unkompliziert machen, sind gefragt bei Besuchern. Ob Reiseangebote, Hotelvermittlung oder Organisationshilfen zur Vorbereitung wie Planungstools und Appointmentservices im Internet - Ziel ist die Abwicklung in einem Schritt. Schließlich soll der Messebesuch auch Spaß machen und dafür sind Hygienefaktoren wie die Messegastronomie, die Hotelsituation oder auch die Eintrittspreise entscheidend.


Ergebnisse und Erfolge

Zahlreiche Studien haben sich an einer Typologie der Messebesucher versucht. Die Frage, wer der Messebesucher eigentlich ist, läßt sich nur schwer pauschalisieren.

Eine Differenzierung ist möglich hinsichtlich der Beteiligungsziele, dem Informations-bedürfnis oder dem Interesse an Geschäftsabschlüssen. Geeigneter gestaltet sich die Betrachtung aus dem Blickwinkel Zufriedenheit und Bindung an das Unternehmen.

Nur die individuelle Beziehung zum Kunden kann Erfolg versprechend sein. Und diese sollte demnach auch länger halten als für die wenigen Messetage. Folglich wird auch für das Messewesen das Beziehungsmanagement immer wichtiger.

Nach BRUHN (AUMA_Messeforum 2004) ist es entscheidend sich auf die hauptsächlichen Segmente einzustellen:

- Begeisterte Kunden: zufrieden und gebunden, weil sie glücklich und begeistert sind

- Gebundene Kunden: sind nicht unbedingt zufrieden, aber kommen wieder auf die Messe, weil sie darauf angewiesen sind

- Abwechslungssuchende: sind zwar zufrieden, aber gehen auch ab und zu auf eine andere Messe, weil sie die Abwechslung suchen

- Unsichere Kunden: sind weder zufrieden noch gebunden

Kann man hier noch die Kaufentscheidungsphase und Beziehung zum Unternehmen identifizieren, können die Besucher gezielter angesprochen und betreut werden.


Empfehlung

Weitere Details zu den Erwartungen von Messebesuchern finden Sie in der Studie "Messe im Trend!" unter der Rubrik STUDIEN im Internet: www.DieServiceForscher.de
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Dirk Zimmermann interessiert besonders die Förderung des Wissens und die Stärkung der Kompetenzen für eine erfolgreiche Serviceentwicklung.