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Die Professor Vögele Dialogmethode

Die Professor Vögele Dialogmethode für das Entwickeln und Gestalten von Mailings baut auf dem echten Verkaufsgespräch auf. (Buchbeitrag)
Siegfried Vögele | 07.11.2008
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Dialog-Marketing

http://www.marketing-boerse.de/Info/details/LeitfadenDM

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3000239251/absolit/028-2842597-1070167/absolit


Die Professor Vögele Dialogmethode für das Entwickeln und Gestalten von Mailings baut auf dem echten Verkaufsgespräch auf. Im persönlichen Gespräch steuert der Verkäufer den gesamten Ablauf von der ersten Kontaktstufe bis hin zur Abschluss-Phase. Der Kunde hat Fragen und erwartet eine gute Antwort. Ein guter Verkäufer beantwortet zu früh gestellte Fragen, die in die Abschluss-Phase gehören, nicht sofort. Er schiebt die Antwort hinaus. Manche Fragen beantwortet er, auch wenn sie der Kunde nur gedacht, aber noch nicht ausgesprochen hat. Der Verkäufer kennt diese Fragen aus Erfahrung. Es sind die unausgesprochenen Käufer-Fragen. Während dieses Dialogs sendet der Kunde sehr viele kleine Zustimmungen (kleine „jas“), bevor er dem Angebot mit einem großen JA zustimmt. Wir nennen sie Kaufsignale (Verstärker). Dazwischen liegen auch kleine „neins“ (Filter).

Wenn der persönliche Besuch des Verkäufers zu teuer wird, kommt es zu „Ersatzbesuchen“, zum Beispiel per Brief, per Telefon, per Coupon-Anzeige, per Internet. Auch im schriftlichen Dialog kennen wir Fragen und Antworten: Angefangen von „Woher hat diese Firma meine Adresse?“ über Fragen wie „Brauche ich das? Was bringt mir das? Was will diese Firma von mir?“ bis hin zur Schlussfrage „Was soll ich jetzt tun?“. Einige dieser Fragen konzentrieren sich auf den Brief (persönliche Fragen), andere auf die Beilagen (Produktfragen) und auf das Response-Element (Abschlussfragen).

Es gibt viele Arten solcher Kundengespräche. Sie alle haben einen ähnlichen Aufbau. Am Ende steht als Ziel die positive Reaktion des Kunden. Die Art dieser Reaktion hängt von der Art des Gesprächs ab. Der Verkäufer führt nicht nur Verkaufsgespräche im engeren Sinne (mit sofortigem Abschluss), sondern auch Informations-, Kontakt-, Service- oder Bedarfsanalyse-Gespräche.

Die Botschaft allein ist aber noch kein Dialogersatz. Sie muss ankommen, muss gelesen und verstanden werden. Ob dies geschehen ist, zeigt die Response. Erfolgreiche schriftliche Dialoge führen heißt, diesen Erfolg durch Reaktionen beweisen. Informationen ohne Reaktion sind Monologe! Sie können sehr wohl zur Verbesserung des Bekanntheitsgrades und des Images beitragen. Informationen dieser Art zählt man in der Regel zum klassischen Bereich der Werbung. Der Empfänger reagiert aber erst, wenn er sich mit der Botschaft ausführlich genug beschäftigt hat. Das Reaktionsverhalten ist also abhängig vom Leseverhalten der Zielgruppe.

Es gibt noch weitere Analogien zum echten persönlichen Gespräch: Auch im Dialogmarketing spricht man mit Personen einer Zielgruppe und wartet auf eine Reaktion, möglichst ein großes JA. Auf dem Weg vom ersten Kontakt bis zur Reaktion per Unterschrift erkennt man bei Labor-Untersuchungen viele kleine Zustimmungen des Lesers, kleine „jas“ (Signale für eine positive Response). Dazwischen liegen in der Regel auch kleine „neins“. Beispiel: Der Leser öffnet ein Mailing und bewegt sich dabei langsam in Richtung Papierkorb. Dies ist ein deutliches kleines „nein“, das auch ohne Messinstrument zu erkennen ist.

Im Gegensatz zum mündlichen Dialog legt man beim Schriftlichen alle Gesprächsteile sofort auf den Tisch des Empfängers. Was der Kunde im persönlichen Verkaufsgespräch nacheinander hört, schaut der Mensch jetzt nahezu gleichzeitig an. Dennoch gibt es eine bestimmte Reihenfolge bei der Informations-Aufnahme. Läuft sie analog zum mündlichen Dialog ab, hat sie die besten Chancen.

Wohlgemerkt: Die Gestaltung eines Mailings ist nicht die alleinige Erfolgsursache für die Reaktion. Sie ist aber entscheidend für das Leseverhalten. Das richtige Produkt, die Angebotsform, die richtige Zielgruppe, das Ziel – all das sind Erfolgs-Voraussetzungen für die endgültige Reaktion. Sie nutzen jedoch wenig, wenn die Botschaft über ein gutes Produkt dem Leser durch schlechte Gestaltung verborgen bleibt.


Das Leseverhalten

Bei Mailings lässt sich ein weit verbreitetes Blickverhaltens-Muster feststellen, das man am besten mit den Worten „der erste Eindruck ist entscheidend“ umschreibt. Bereits nach wenigen aufgenommenen Informationen fällt die Entscheidung über Zu- oder Abwendung. Für das Öffnen, Entfalten und Überfliegen eines einfachen 20-Gramm-Mailings stellen die ersten zwanzig Sekunden (im Durchschnitt zwei Sekunden pro DIN-A4-Seite) eine wichtige Schwelle dar: Alle Seiten wurden ein erstes Mal angeschaut. Spätestens jetzt hat sich der „erste Eindruck“ gebildet, und zwar meistens aufgrund gesehener Bilder, Grafiken und Headlines. Text wird erst gelesen, wenn dieser erste Eindruck zum Lesen motiviert. Der erste Kurzdialog muss dem Betrachter signalisieren: Das bringt Vorteile für mich! Das Lesen macht Sinn. Denn für Sinnloses opfert man keine wertvolle Zeit.

Einerseits sind zwanzig Sekunden wenig Zeit, um Vorteile zu erkennen. Anderseits sind zwanzig Sekunden beinahe zehnmal mehr, als wir für die durchschnittliche Beachtung einer klassischen Anzeige messen. Während dieser zwanzig Sekunden hält das Auge fünfzig bis hundertmal an. Alle diese so genannten Fixationen (mindestens 0,2 Sekunden Verweildauer) bergen Chancen und Risiken für das Weiterlesen. Sobald die kleinen „neins“ überwiegen, wird der Lesevorgang abgebrochen. Es kommt zu einem negativen Urteil über den gesamten Inhalt. Die negative Prädisposition kann dazu führen, dass nachfolgende positive Informationen subjektiv falsch verstanden werden.

Ein Mailing muss auch einmal den Preis der Ware nennen und vom Bezahlen sprechen. Das sind Themen, die den Leser nicht immer positiv stimmen. Informationen dieser Art sind ungefährlich, solange sie erst spät, nach den positiven Informationen (kleine „jas“) registriert werden. Die Dialog-Reihenfolge muss daher im schriftlichen Gespräch bewusst gesteuert werden. Andernfalls läuft man Gefahr, das Verkaufsgespräch beim Preis oder den Zahlungsbedingungen zu beginnen, also von hinten! Die „neins“ kommen dann zu früh, die späteren „jas“ haben keine Chance mehr.

Aus dem bisher Gesagten folgt, dass man grundsätzlich den Blickverlauf auf einem Print-Medium vorhersagen kann, und zwar für den ersten Kurzdialog mit einem Mailing. Dazu benötigt der Gestalter jedoch einige Faustregeln, welche Elemente zuerst gesehen werden. Eine hilfreiche Liste, die auf der Basis von Blickverlaufs-Untersuchungen mit der Augenkamera beruht, finden Sie in Kapitel 4.

Beim Entwickeln und Gestalten neuer Dialog-Werbemittel legt man zunächst den Soll-Dialog in der Reihenfolge eines Vertreter-Gespräches fest. Die größten Vorteile und die besten Antworten auf mögliche Kundenfragen verteilt man anschließend als gewünschte Fixationen (Augen-Haltepunkte) in der richtigen Reihenfolge auf das/die Werbemittel und belegt diese Blickpunkte mit entsprechenden Bildelementen und Headlines. Das ergibt den Kurzdialog. Der Rest wird in Textblöcke gepackt. Sie werden erst gelesen, wenn die ersten Fixationen genügend kleine „jas“ produziert haben.

In einem Prospekt benötigen alle Bild-Elemente und alle Headlines einen Textblock. Das führt schneller zum zweiten, intensiveren Dialog, zum Lesen. Genau hier unterscheiden sich klassische Werbeprospekte von Prospekten des Dialogmarketings.

Zusammengefasst bedeutet dies für die Werbepraxis: Der Empfänger von Mailings, Response-Anzeigen oder anderen Dialogmarketing-Instrumenten sucht Vorteile und Antworten auf seine Fragen, bevor er mit einer Response reagiert. Seine Augen folgen dabei bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Dieser Blickverlauf muss identisch sein mit der Reihenfolge der gesuchten Vorteile und Antworten. Der sicherste erste Blickpunkt sind Bilder, Fotos oder bildähnliche Elemente. Der zweite Blickpunkt sind deutliche Headlines, der dritte Hervorhebungen in Textstellen. Dieses Wissen bietet zwei Chancen: zum einen für das fundierte Beurteilen bisheriger Mailings, Anzeigen und Beilagen, zum anderen beim Gestalten neuer Dialog-Werbemittel. Für mehr Erfolg, mehr Umsatz und mehr große „JAs“ im Kundendialog gilt also folgende Formel: (Abb. 1, siehe Buch)


Literatur

Vögele S.: Dialogmethode. Das Verkaufsgespräch per Brief und Antwortkarte. – Landsberg am Lech, 2002.