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Das Ende der demografischen Daten im Marketing

Marketingfachleute fokussieren sich darauf, die Zielgruppe ihres Unternehmens bestmöglich zu kennen.
Vaith Schmitz | 23.10.2023
© Freepik / snowing
 

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Marketingfachleute darauf fokussiert, die Zielgruppen ihres Unternehmens bestmöglich zu kennen und zu verstehen, um sie optimal ansprechen zu können sowie das Customer Engagement zu erhöhen. In diesem Kontext versuchten sie, sich ihre Käuferschaft über sozio-demografische Daten wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad und Einkommen zu erschließen. Zwei große Trends haben die Marketer jedoch zum einen vor große Herausforderungen gestellt und ihnen andererseits neue Optionen für die Kundenansprache an die Hand gegeben: die zunehmende Individualisierung der Käufer und die fortschreitende Digitalisierung. So ist es weiterhin nicht verkehrt, in einem ersten Schritt sozio-demografische Parameter für die Definition von Zielgruppen anzulegen. In einem zweiten Schritt muss jedoch zwingend der Einsatz von First Party Data und Customer Data Platforms folgen, um langfristig erfolgreich zu sein.

So tickt der durchschnittliche deutsche Online-Käufer

Sozio-demografische Daten für das Marketing zu erheben ist heutzutage nicht mehr schwer. So hat beispielsweise eine Erhebung von Twilio mit Hilfe des Global Web Index (GWI) unter 27.190 Teilnehmern im 1. Quartal 2023 ergeben, dass der durchschnittliche digitale Konsument in Deutschland eher weiblich (fünf Prozent mehr als der Durchschnitt) ist, vollzeitbeschäftigt ist (mehr als 50 Prozent) und in der Stadt wohnt (44 Prozent). Darüber hinaus kauft er online vor allem Kleidung und Schuhe sowie Bücher und Videospiele. Wenn es darum geht, Marken zu entdecken, vertrauen die deutschen Verbraucher vor allem Online-Einzelhandelswebsites und Mundpropaganda (20 bis 28 Prozent häufiger als der Durchschnitt). Darüber hinaus lernen sie die Brands durch das Lesen von Verbraucherrezensionen besser kennen. Dieses Verhalten ist in Deutschland überdurchschnittlich häufig verbreitet (19 Prozent). Gleiches gilt auch für die Rezeption von Newslettern und Mailings von Unternehmen, die ebenfalls einen höheren Index aufweisen (19 Prozent).

Facebook und Instagram stehen hoch im Kurs

Die Kommunikation und der Konsum von Social Content erfolgen bei den deutschen Verbrauchern häufig über ihre Smartphones (36 Prozent der Gesamtheit) und in geringerem Maße über ihre Computer oder Tablets (28 Prozent). Auf diesen mobilen Endgeräten werden dann auch gerne Marken-Apps genutzt (15 Prozent häufiger) sowie In-App-Käufe getätigt (20 Prozent über dem Durchschnitt). Auf der anderen Seite haben Live Chat Services der Unternehmen in Deutschland noch einen schweren Stand: nur sechs Prozent der Konsument gaben an, ihn im letzten Monat auf einer Unternehmens-Website genutzt zu haben.

Bringt uns das wirklich weiter?

Wir halten also unter anderem fest: Der durchschnittliche digitale Konsument in Deutschland ist zwar eine Frau im Alter zwischen 45 und 65 Jahren, aber das sagt außer seinem Alter und Geschlecht eigentlich nichts über ihn aus. So mag eine Person Mode lieben und Atomphysikerin sein, während die andere gerne Popmusik hört und Hunde züchtet. Was in diesem Kontext vor allem nützlich ist, sind beispielsweise vertiefende Informationen über ihren konkreten Beruf und ihre Kaufhistorie. Dies verhilft Vermarktern nämlich dabei, das Kauferlebnis wirklich persönlich zu gestalten. Laut Erhebung aus dem GWI empfiehlt der durchschnittliche digitale Konsument in Deutschland eine Marke am ehesten dann weiter, wenn er oder sie einen guten Kundenservice erhalten hat (18 Prozent wahrscheinlicher als der Durchschnitt), wenn er eine persönliche Beziehung zur Marke pflegen kann (18 Prozent), Belohnungen erhält (15 Prozent) sowie Insider-Wissen über die Marke und die Produkte bekommt (14 Prozent).

Individuelles Konsumverhalten verlangt nach tieferem Verständnis

Hier wird deutlich, dass durch den stetigen Wandel des Konsumentenverhaltens die alten Methoden der Kundensegmentierung und des Targetings nicht mehr die Bedürfnisse der Marketer erfüllen können. Um das veränderte Kaufverhalten der Kunden zu durchschauen, konzentrieren sich Unternehmen immer mehr auf Strategien der Echtzeit-Personalisierung und die Nutzung von First-Party-Daten. Dabei wird die Echtzeit-Personalisierung durch die Analyse früherer Such- und Einkaufsdaten der Kunden ermöglicht, um gezielte Inhalte und Optionen zum passenden Zeitpunkt bereitzustellen. Diese Methode basiert auf bestimmten Ereignissen und setzt eine umfassende Grundlage aktueller Kundendaten aus diversen Kanälen voraus. Für Vermarkter und Kundendienstmitarbeiter ist der Zugang zu den richtigen Daten unerlässlich, um eine flexible Kundenkommunikation zu gewährleisten.

Ein tieferes Verständnis der Kunden und ihrer individuellen Bedürfnisse kann nur durch den Fokus auf den Wert von First-Party-Daten erreicht werden. Aus diesem Grund sollten Marketingstrategien nicht auf überholten Kategorien und Annahmen basieren, sondern auf einer personalisierten Interaktion mit der Marke, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Die Zusammenlegung dieser Daten aus dem gesamten Unternehmen in einer Quelle ermöglicht es Unternehmen, genau zu erkennen, was und wann ihre Kunden es benötigen. Die Investition in eine Customer Data Platform (CDP) kann sich hierbei lohnen, da laut „State of Customer Engagement Report 2023“ 60 Prozent der Marken feststellen, dass digitale Kundenbindung ihre Reaktionsfähigkeit auf wechselnde Kundenanforderungen verbessert hat.

Customer Data Platforms: alle Informationen am richtigen Platz

CDPs ermöglichen es Unternehmen, Daten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen und ein vollständiges Bild ihrer Kunden zu erstellen. Bereits 77 Prozent der Umfrageteilnehmer haben eine solche Lösung zur Individualisierung der Kundenkommunikation eingesetzt. Der Hauptbeweggrund für diese Implementierung liegt in der weit verbreiteten Überzeugung, dass maßgeschneiderte Interaktionen zu einer Umsatzsteigerung mit den Kunden beitragen können. Die aktuelle Forschung zeigt, dass dies am effektivsten durch den Einsatz von First-Party-Daten erreicht wird, die mit einer CDP bestmöglich verarbeitet werden können.

Wird eine CDP-Plattform mit KI-Technologie ergänzt, können Unternehmen schneller personalisierte Kampagnen entwickeln. Lösungen wie die neue CustomerAI-Technologie von Twilio helfen dem Marketing, eine personalisierte Kundenansprache schnell und präzise zu realisieren, da diese Lösungen auf offengelegte und freigegebene Daten im gesamten Unternehmen zugreifen können. So kann beispielsweise ein persönlicher KI-Assistent dabei helfen, jedem Contact-Center-Agenten die benötigten Informationen zu liefern - und das über alle Kanäle und in allen Phasen der Interaktion. Generell kann die KI über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg eingesetzt werden und dabei helfen, Prozesse in Marketing, Vertrieb und Service weiter zu personalisieren.

First Party Data – authentisch und präzise

Um das sich wandelnde Kaufverhalten zu erfassen, konzentrieren sich Unternehmen immer stärker auf Strategien der Echtzeit-Personalisierung und den Einsatz von First-Party-Daten. Die Echtzeit-Personalisierung nutzt vorherige Such- und Einkaufsdaten der Kunden, um zum passenden Zeitpunkt relevante Inhalte und Auswahlmöglichkeiten zu präsentieren. Diese Strategie stützt sich üblicherweise auf bestimmte Ereignisse und erfordert eine solide Basis aktueller Kundeninformationen aus unterschiedlichen Kanälen. Deshalb benötigen Vermarkter und Kundenservicemitarbeiter Zugang zu den exakten Daten, um ihre Kundenansprache flexibel zu gestalten.

First-Party-Daten werden unmittelbar von den Verbrauchern bezogen, etwa durch Registrierungen, Einkäufe oder andere direkte Interaktionen mit einem Unternehmen. Sie zeichnen sich durch ihre Authentizität, Genauigkeit und vor allem durch die Tatsache aus, dass sie mit der Zustimmung des Verbrauchers erhoben werden. Laut einer Umfrage von Twilio sehen 63 Prozent der Befragten in First-Party-Daten einen potenziellen Vorteil für ihr Unternehmen, wobei viele von ihnen planen, in Technologien zu investieren, um solche Daten selbst und im Einklang mit dem Gesetz zu erfassen. Das deutet darauf hin, dass die Industrie bereit ist, sich anzupassen und neue Wege zu beschreiten.

Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, First-Party-Daten frühzeitig zu sammeln, um personalisierte Erfahrungen zu ermöglichen und die Datenschutzanforderungen zu erfüllen. Im „State of Personalization Report 2023“ gaben mehr als die Hälfte der Verbraucher (56 Prozent) an, dass sie durch ein personalisiertes Erlebnis zu wiederkehrenden Käufern werden, ein Anstieg von sieben Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Angesichts der steigenden Wertschätzung digitaler Verbraucher für die Bereitstellung ihrer Daten sollten Unternehmen Anreize schaffen, um sie frühzeitig zur Teilung von Informationen zu bewegen. Dies könnte etwa durch exklusive Angebote für angemeldete Nutzer geschehen, denn Kunden möchten von Marken, die Transparenz und Integrität zeigen, auf persönliche Weise angesprochen werden.