Sind Selbstständige tatsächlich zufriedener als Angestellte?
Der Weg in die Selbstständigkeit ist für viele Arbeitnehmer reizvoll. Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung stellen dabei die bedeutendsten Motive dar, den Schritt ins Unternehmertum zu wagen. Mehr Flexibilität und bessere Verdienstmöglichkeiten sind weitere reizvolle Kriterien. Doch wie zufrieden sind Selbständige im Vergleich zu Arbeitnehmern? Das Team von ebuero hat eine Bestandsaufnahme gemacht und dafür die Arbeitsbelastung sowie die Einkommensmöglichkeiten von Selbstständigen und Angestellten betrachtet.
Weniger Stressempfinden trotz hoher Arbeitsauslastung
Aller Anfang ist schwer – dies gilt besonders für den Start in die Selbstständigkeit. In den ersten Jahren müssen Gründer oft sehr viel arbeiten. Es müssen ein Kundenstamm aufgebaut und genügend Referenzprojekte erfolgreich abgeschlossen werden. Viele kämpfen um jeden Auftrag, um in den ersten Jahren zu überleben. Rund 40 Prozent aller Neugründer geben in den ersten fünf Jahren ihre Selbstständigkeit wieder auf. Stress und gesundheitliche Gründe spielen dabei oft eine Rolle, denn auch wenn die Gründung erfolgreich ist, fällt es oft schwer, von der Arbeit abzuschalten. Feste Arbeitszeiten oder der Begriff Feierabend existieren bei vielen schlichtweg nicht. Doch auch Arbeitnehmer leiden unter Stress. Eine Umfrage hat sogar ergeben, dass unter den Selbständigen nur ein Drittel angibt, ständigen Zeitdruck zu empfinden, während es bei den Angestellten mit 40 Prozent fast zehn Prozent mehr sind.
Selbstverwirklichung geht vor Einkommen
Doch wie sieht es in puncto Einkommen aus? Sind hier Selbstständige besser aufgestellt als Angestellte? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass Selbstständige ein durchschnittliches Nettoeinkommen von über 2.000 Euro pro Monat erzielen. Dieser Wert liegt deutlich über dem Durchschnittslohn eines deutschen Angestellten. Besonders Unternehmer mit Mitarbeitern verdienen durchschnittlich mehr. Nur 17 Prozent aller Selbstständigen geben jedoch an, dass sie aufgrund des höheren Einkommens den Schritt in die Existenzgründung gewagt haben. Mit 36 Prozent ist das Hauptmotiv der meisten Gründungen Selbstverwirklichung. Sechs von zehn Gründern bestätigen sogar, weiterhin so viel arbeiten zu wollen, auch wenn sie finanziell ausgesorgt hätten. Anders sieht es dagegen bei Angestellten aus: Für 37 Prozent ist der Verdienst der Hauptgrund für ein Arbeitsverhältnis. Dagegen geben nur rund zehn Prozent an, dass sie sich mit ihrem Job selbst verwirklichen.
Größere Zufriedenheit und mehr Spaß im Job
Unternehmer können ihrer beruflichen Vision folgen und sind daher auch zufriedener. 80 Prozent geben an, dass sie ihren heutigen Beruf jederzeit wieder wählen würden und dass ihnen ihr Job Spaß machen würde. Unter den Angestellten würden nur 70 Prozent ihre Profession nochmal wählen und nur 65 Prozent empfinden Freude bei der Arbeit. Dafür leiden Selbstständige jedoch besonders unter dem Druck, ständig erreichbar sein zu müssen. 26 Prozent sind diesbezüglich unzufrieden, wohingegen nur 19 Prozent der Angestellten den Druck ständiger Erreichbarkeit als belastend empfinden.
Fazit: Lediglich dauerhafte Erreichbarkeit belastet Selbstständige stärker
Selbstbestimmung und Flexibilität sind nach wie vor die Hauptmotive für den Weg in die Existenzgründung. Dafür nehmen Selbstständige auch eine weniger ausgeglichene Work-Life-Balance und längere Arbeitszeiten in Kauf. Die Arbeit selber wird jedoch oft als weniger stressig empfunden als in einem Angestelltenverhältnis. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße scheinen auch die Verdienstchancen für Selbstständige besser zu sein als für Arbeitnehmer. Lediglich im Punkt dauerhafte Erreichbarkeit zeigen sich Arbeitnehmer zufriedener. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich der Arbeitsmarkt zukünftig entwickeln wird. Nach wie vor sind die Anforderungen in Deutschland, ein Unternehmen zu gründen, weitaus höher als in anderen Ländern. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass Sicherheit und einer ausgeglichenen Work-Life-Balance zukünftig wieder ein viel höherer Stellenwert zukommen wird, als dies in der Vergangenheit der Fall war.