CES 2020: Ein Blick in die Zukunft der Konsumgüterbranche
Die CES ist immer ein Garant dafür, uns Inspirationen aus einer Welt voller Innovationen zu liefern oder eine provokante Vorschau auf die magischen Technologien der Zukunft zu bieten. Jetzt, da die diesjährige Veranstaltung gelaufen ist und wir uns von den vielen Eindrücken erholen können, ist es an der Zeit, die spannende Woche Revue passieren zu lassen. Es gilt, den Hype von der Realität zu entkoppeln, die Technologie, die Spaß macht, von der derjenigen, die Probleme löst, zu unterscheiden. Zudem sind die Innovationen zu identifizieren, die ein neues Geschäftsmodell antreiben könnten, oder das Potenzial haben, ganze Branchen zu transformieren.
Für Konsumgüterunternehmen (CP) haben diese Überlegungen eine besonders hohe Relevanz. Nach Dekaden soliden und verlässlichen Wachstums hat die Branche seit einigen Jahren mit rückläufigen Umsätzen und Gewinnen zu kämpfen. Angesichts des zunehmenden Drucks durch digitale Player, des sich ändernden Verbrauchergeschmacks sowie steigender Kosten müssen CP-Unternehmen neuen Technologien als Chance wahrnehmen, um wieder enger an die Verbrauchern heranzurücken, ihre Markenrelevanz zu erhöhen und verlorene Akzeptanz zurückzugewinnen.
Smarte Gadgets stehen im Vordergrund
Auf der CES 2020 wurden eine Reihe von Technologien vorgestellt, die einen deutlichen Einfluss darauf haben (oder bald haben werden), wie CP-Unternehmen künftig Mehrwert generieren können. Nicht zuletzt lag der Fokus in Las Vegas auf intelligenten Produkten. Wenn die weltgrößte Elektronikmesse in diesem Jahr etwas gezeigt hat, dann das: Jedes erdenkliche Konsumgut kann smart werden. Zu den spezifischen Highlights gehörten etwa:
- ein intelligentes Schloss (Lockly Vision), das entweder per Sprachbefehl oder per Fingerabdrucksensor geöffnet werden kann,
- eine intelligente Zahnbürste (Colgate Plaqless Pro), die dem Nutzer sagt, wann die Zähne sauber sind,
- eine intelligente Uhr (GoBe3), die die Kalorienaufnahme automatisch verfolgt (d.h, die Anzahl der Kalorien, die der Körper tatsächlich aufnimmt) und den Stresspegel auf der Grundlage von Echtzeit-Hautwerten erkennen kann,
- und intelligente Einlegesohlen (Nurvv Run), die eine Kombination aus 32 integrierten Sensoren nutzen, um etwa Auskunft darüber zu geben, wie weit der Träger gereist ist, welche Trittfrequenz er hatte und wie viele Schritte er gegangen ist.
Die meisten traditionellen CP-Unternehmen beginnen endlich damit, auf den Trend hin zu intelligenten Produkten zu reagieren. Einige Analysten von IDC rechnen bis 2025 mit bis zu 42 Milliarden vernetzten Geräten oder Dingen weltweit. Große CP-Unternehmen sehen sich zunehmend selbst wie Technologieunternehmen. Sie suchen nach Möglichkeiten, Spitzentechnologien in alltägliche Produkte und Dienstleistungen zu integrieren, um die Markendifferenzierung zu fördern und den Verbrauchern zu helfen, ihre Lebensweise zu verbessern.
Für Procter and Gamble (P&G) gehörte dazu unter anderem das Opte Precision Skincare System, das Kameraoptik, proprietäre Algorithmen und eine fortschrittliche Drucktechnologie nutzt, um Hyperpigmentierungen auf der Haut zu erkennen und ein Korrekturserum präzise aufzutragen. In der Spielzeugindustrie nutzen Produkte wie das Fisher-Price Smart Learning Home und Rocktopus von Mattel eine Kombination aus intelligenten Sensoren und künstlicher Intelligenz, um Spaß am Lernen und interaktiven Spielen zu fördern. Der Getränke-Riese PepsiCo kündigte kürzlich eine neue mobile Hydration-Plattform an, die ein vernetztes Ökosystem für Menschen schafft, die auch unterwegs mit ausreichend Flüssigkeit versorgt sein wollen.
Während viele der Produkte, die CP-Marken verkaufen, der Inbegriff von unsexy sind, bietet die kreative Verlagerung hin zu intelligenten Produkten und Dienstleistungen eben diesen Produkten eine völlig neue und aufregende Plattform. Wenn wir in die unmittelbare Zukunft blicken, erwarten wir, dass eine große Anzahl traditioneller CP-Marken die intelligente Technologie nutzen werden, um eine engere Verbindung mit den Verbrauchern zu entwickeln, neue serviceorientierte Einnahmequellen zu erschließen und den Konsumenten mehr Transparenz bei den gekauften Produkten zu bieten. Zudem steht eine verbesserte Effizienz und Präzision in der gesamten End-to-End-Lieferkette im Zentrum dieser Strategie.
Produkte werden Teil vernetzter Serviceumgebungen
Die CES 2020 zeigte auch, inwieweit die intelligenten Produkte von morgen Teil eines stärker integrierten, vernetzten Ökosystems sein werden. Was diese in Zukunft noch smarter machen wird, ist ihre Fähigkeit, mit anderen Produkten und Geräten desselben Netzwerks zu kommunizieren. Man stelle sich einen intelligenten Kühlschrank vor, der uns hinsichtlich der für uns idealen Lebensmittel oder Getränke berät, basierend auf einer Kombination aus biometrischen Echtzeit-Daten und Smart Packaging. Oder ein intelligentes Spielzeug, das durch die Verbindung mit einem Smart-Screen und/oder einem sprachaktivierten Gerät ein hochgradig interaktives Lernerlebnis bietet.
Die CES gab weiterhin einen Ausblick in diese Zukunft. Das vielleicht aufregendste Highlight kam von Samsung: Ballie ist ein tennisballförmiger Roboter, der sich im Haus bewegt, andere intelligente Geräte steuert und Entscheidungen in Echtzeit trifft. Wenn zum Beispiel ein Glas vom Tisch auf den Boden fällt, sendet Ballie mit Hilfe der eingebauten Audio- und Bilderkennungssoftware einen intelligenten Staubsauger aus, um die Unordnung aufzuräumen, ohne den Besitzer zu fragen. Während CP-Marken die Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Produkte für den wettbewerbsintensiven Markt von morgen erkunden, wird es entscheidend sein, zu beurteilen, wie diese Produkte innerhalb der größeren IoT-Umgebung eines vernetzten Hauses, Autos oder Arbeitsplatzes positioniert sind.
Voice übernimmt die Führung
Ebenso wichtig wird die Fähigkeit sein, Sprachtechnologien als neue Verbraucher-Schnittstelle zu nutzen. Jede größere Innovation, die auf der CES 2020 vorgestellt wurde, hat irgendeine Form von Voice-AI oder Spracherkennung – angefangen bei Motorradhelmen über Betten, Waschmaschinen, Toiletten und E-Bikes bis hin zu Duschköpfen. Diese Entwicklung stimmt mit den Prognosen von Analysten von Juniper Research überein, dass Sprachassistenten bis 2023 in mehr als acht Milliarden Konsumgütern ein Zuhause finden werden.
CP-Markenentscheider werden beurteilen müssen, wie alltägliche Produkte und Dienstleistungen durch sprachbasierte Schnittstellen verbessert werden können – entweder um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen oder um das Gesamterlebnis besser zu personalisieren. Amazon bietet mit Alexa-fähigen Geräten derzeit wohl die geeignetste Plattform dafür. Aber auch Google, Samsung und Microsoft treiben aktuell ihre Entwicklungen im Bereich der Sprachtechnologie voran.
Auch wenn viele Produkte, die Unternehmen auf der CES präsentierten, vielleicht nie (oder zumindest nicht so bald) auf den Markt kommen werden, geben sie doch einen inspirierenden Einblick in das, was sich am Horizont abzeichnet. Die diesjährige Veranstaltung hat gezeigt, dass disruptive Technologien die Branche in den kommenden Jahren maßgeblich transformieren werden.