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Die Zukunft heißt Augmented Reality

Die Ausbreitung der Augmented Reality hat viel mehr Auswirkungen auf unser Leben als ein paar Beulen durch Unachtsamkeit beim Pokémon-Go-Spielen.
Gabriele Braun | 09.08.2016
© Gabriele Braun
 

Nachdem zu Jahresbeginn von vielen Fachleuten Virtual Reality (VR) zum Thema des Jahres 2016 erklärt wurde, schaffte es im Sommer überraschend ein anderes großes Technik-Thema, die öffentliche Diskussion über digitale Entwicklungen zu beherrschen. Mit Pokémon Go richtete sich der Fokus schlagartig auf Augmented Reality, kurz AR. Dabei sind die technische Entwicklung und ihre Auswirkungen schon viel weiter, als uns bewusst ist. Games sind nur ein Nebenschauplatz. In der Industrie, Logistik und anderen Bereichen der Arbeitswelt beginnt AR allmählich eine wichtige Rolle zu spielen. Mixed, Augmented und Virtual Reality Doch zuerst zur Abgrenzung der Begriffe: Für Mixed Reality (MR) gibt es keine eindeutige Definition. Meistens wird MR als Oberbegriff für die Verschmelzung von Realitat und Virtualität mit unzähligen graduellen Unterschieden verwendet, von denen die Augmented Reality ein Spektrum abdeckt. Augmented Reality, englisch für erweiterte Realität, beinhaltet virtuelle Ergänzungen der in Echtzeit abgebildeten Realität. Diese vor allem visuellen Realitätsergänzungen können Daten, Gegenstände, Texte, Symbole oder bewegte Bilder sein, häufig in Kombination mit akustischen Einspielungen. Medien sind z.B. das Smartphone oder eine AR-„Brille“, z.B. die bereits 2012 vorgestellte, vieldiskutierte Google Glass. Virtual Reality stellt innerhalb der Mixed Reality einen mehr oder minder absoluten Gegenpol zur Wirklichkeit dar. Die VR klammert anders als die AR die Realität bis auf die Existenz des Users aus. Der User taucht mit Hilfe technischer Hilfsmittel, nach aktuellem technischen Stand am häufigsten ein Datenhelm, in die virtuelle Welt ein. Populär ist auch das Google Cardboard, eine Halterung aus Karton, die aus einem Smartphone eine VR-„Brille“ macht. Viele Anwendungsmöglichkeiten Zwar bietet die Virtual Reality viele Anwendungsmöglichkeiten, darunter kommerzielle jenseits der Gaming-Welt und Lernprogramme. Beispielsweise kann man durch virtuelle Shopping-Malls, Neubauprojekte oder exotische Urlaubsziele wandeln. Doch die breiteren Einsatzmöglichkeiten bescheren der Augmented Reality einen für viele unerwarteten Vorsprung. Durch die rasant steigende Zahl neuer Anwendungen erscheint es nicht mehr ausgeschlossen, dass AR bereits in den nächsten zwei, drei Jahren ein fester praktischer Bestandteil unseres Alltags sein wird. Im Arbeitsleben, vor allem in der Industrie und der Logistikbranche, werden AR-Anwendungen schon eingesetzt. Wichtigste Hardware ist dabei die „Datenbrille“, durch die der User beide Hände frei hat. Augmented Reality in der Arbeitswelt Bei der Produktion und Reparatur von technischen Geräten und Fahrzeugen werden beispielsweise auf der CAP (Common Augmented Reality Platform) von Bosch die betreffenden Ersatzteile farbig markiert, mit Diagnose-Angaben und Einbauhinweisen auf dem Display eingeblendet [1]. Im Logistikzentrum des IT-Dienstleisters Bechtle AG tragen die Mitarbeiter „Datenbrillen“, auf denen ihnen über eine SAP Warehouse-Software alle wichtigen Informationen zur Warenkommissionierung ins Sichtfeld eingespielt werden. Durch blickgeführtes Scannen und Spracherkennung entfallen Handscanner und andere Informationsträger, die Hände sind frei, die Produktivität steigt [2]. Auch die Deutsche Post DHL setzt „Datenbrillen“ in ihren Logistikzentren ein, will nun aber einen Schritt weitergehen und die Technik für Zusteller einführen. Die Smart Glasses könnten neben dem Scannen z.B. die Routenführung übernehmen. Augmented Reality hält auch Einzug ins Büro. Microsoft hat gemeinsam mit dem Startup 8ninths eine Einsatzmöglichkeit für seine AR-„Brille“ HoloLens geschaffen. Zusammen mit der Holographic Workstation, einem speziellen Schreibtisch für den AR-Einsatz, optimiert die Anwendung die Arbeitsabläufe von Tradern der Citigroup durch virtuelle Darstellungen [3]. Infotainment und Alltagshelfer Im Infotainment erschließt Augmented Reality eine neue Dimension. Bereits seit zwei Jahren steigert das Fraunhofer-Institut das Interesse der Besucher an den antiken Statuen im Athener Akropolis-Museum per AR-Anwendung auf Mobilgeräten mit vielen textlichen und visuellen Informationen. Geschichte rund um die Berliner Mauer macht die Timetraveler-App auf dem Smartphone erlebbar. An Originalschauplätzen blendet sie perspektifisch angepasst historische Filmszenen rund um den Mauerbau ein. Ein Beispiel für den „Hausgebrauch“ ist die iOS-App Pair, die auf dem Display virtuelle Möbel ins Wohnzimmer zaubert. Die Möbel können nach Belieben umgestellt und von allen Seiten betrachtet werden. Pair zeigt, was AR uns zukünftig bringen wird: Spielerische Hilfen im Alltag und beim Shopping in unzähligen Bereichen. Zukunftsaussichten Schon lange im Gespräch, doch erst in Ansätzen serienreif sind AR-Anwendungen in Fahrzeugen in Form von Informationen, die dem Blick des Fahrers folgen, z.B. Geschwindigkeit, Verkehrshinweise, auf die Fahrbahn projizierte Navigation etc. Hier müssen noch Sicherheitslücken behoben und Bedenken ausgeräumt werden. Wie die Studien „BMW Vision Next 100“ oder „The Dice“ von Mercedes mit Head-up-Displays (HUD) beweisen, ist der Weg dorthin nicht mehr allzu weit. Die koreanische KAIST-Universität und der japanische Technologiekonzern NEC haben virtuelle Tastaturen entwickelt, auf denen der User in einer AR-Umgebung im freien Raum tippen kann. Microsoft, Google, Samsung und inzwischen auch Sony versuchten oder versuchen, smarte, mit Kamera und Sensoren ausgestattete Kontaktlinsen als Alternative zu den bisweilen klobigen und störenden „Datenbrillen“ für AR-Anwendungen zu entwickeln. Es scheint absehbar, bis das erste Modell Marktreife erlangt. Die Entwicklungen zeigen, dass unsere Nutzer- und Sehgewohnheiten mit Hardware-Touchpoints, egal ob klassischer PC oder Smartphone, in einigen Jahren überholt sein werden. Die Visualisierungen und Anwendungen werden sich virtuell in den freien Raum verlegen, ohne dass sie uns die Sicht auf die reale Umgebung nehmen. Im Gegenteil: Wie HUD im Automobil und Smart Glasses im Logistikeinsatz zeigen, werden wir Sicht und Hände ohne Ablenkung frei haben, um uns auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Dann wird auch bei der Pokémon-Jagd niemand mehr auf einen kleinen Apparat in seiner Hand starren, bis er plötzlich mit dem Kopf gegen einen Laternenpfahl stößt. _______________ Quellen: [1] http://www.bosch-presse.de/presseforum/details.htm?txtID=7249 [2] https://www.bechtle.com/presse/meldungen/bechtle-startet-einsatz-von-smart-glasses [3] http://t3n.de/news/augmented-reality-arbeitsplatz-693586/ Bildquelle: www.shutterstock.com/Ahmet Misirligul

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Gabriele Braun ist Geschäftsführerin der marketing-BÖRSE GmbH. Seit über 25 Jahren ist sie als IT-Expertin aktiv und begeisterte Tennisspielerin.