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Fußball-EM 2016: Zeit für Gamification

Das Marketing-Stichwort des EM-Jahres lautet Gamification. Die Anwendung von Spielelementen auf Nicht-Game-Seiten schafft ganz neue Möglichkeiten.
Gabriele Braun | 13.04.2016

Stellen Sie sich vor, Ihre Zielgruppen spielen einfach im Browser auf Ihrer Website oder per App über Ihre Social-Media-Seiten, ohne dafür eine Spielesoftware laden zu müssen. Sie lernen spielend Ihre Markenwelt kennen, sie werden für spielerische Erfolge von Ihnen belohnt und identifizieren sich über das Spiel immer stärker mit Ihren Unternehmenszielen. Damit lassen sich die Markenbindung, Lerneffekte und, falls gewünscht und richtig abgerufen, die Zahl der Kundenfeedbacks erhöhen. Mit dem spielerischen Element hat ein besonders effektives Marketing-Tool die Online-Bühne betreten, das auf eine Begriffsschöpfung des englischen Spieleentwicklers Nick Pelling aus dem Jahr 2002 zurückgeht: Gamification. Gebrandete Spiele älter als das Internet Online spielen macht Spaß, schafft Erfolgserlebnisse und erhöht die Motivation. Im gemeinsamen Spiel wird ebenso der Teamgeist wie der Wettbewerbsinstinkt gestärkt. Eigenschaften, die sich für Marketingstrategien nutzen lassen. Schon lange, bevor sich Facebook & Co. als Plattformen für Spiele anboten, wurden Spielmechanismen erfolgreich eingesetzt. Am bekanntesten sind noch heute Rabattmarken, Flugmeilen und Sammelsticker von Markenanbietern, die gesammelt, eingeklebt, gehandelt und gegen „Belohnungen“ in Form von Waren oder Rabatten eingetauscht werden können. Social Media ist Social Gaming Mit dem Aufkommen des World Wide Web wuchsen zuerst die Möglichkeiten und der Unterhaltungswert der klassischen Computerspiele. Die Branche erlebt nach wie vor einen Boom. So wuchs der Umsatz zuletzt jährlich um acht Prozent. In den letzten Jahren ziehen in Sachen Animation und Interaktion die browserbasierten Games nach. Auch hier sind virtuelle Welten mit verschiedenen Level, Feedback-Funktionen und persönlichen Anpassungsmöglichkeiten unter dem Stichwort Customization entstanden. Da verwundert es nicht, dass Facebook inzwischen von mehr als der Hälfte seiner Nutzer auch als Spiele-Plattform genutzt wird, im Gegensatz zur klassischen Gamer-Szene mit hohem weiblichem Anteil. Die vielfältigen Zielgruppen der Browser-Spiele rufen immer mehr Marketer auf den Plan, die Spielelemente für die Ansprache in ihren digitalen Kanälen nutzen wollen. Der Gamification-Markt explodiert regelrecht. Laut einer Erhebung des Marktforschungsinstituts M2 Research ist er von 2011 bis 2016 weltweit um 2.700 Prozent gewachsen. Methoden und Möglichkeiten Die typischen Spielelemente der Gamification-Welt sind Punkte sammeln, in Highscore- und Ranglisten eintragen, Auszeichnungen und virtuelle (bei Gewinnspielen auch echte) Güter erhalten. Belohnungsmechanismen sind wichtig! Manchem Spieler bedeuten am meisten positive Kommentare und Feedback als Zeichen der Anerkennung. Als Freundschaftsbeweis können in einigen Spielen auch Aufmerksamkeiten an Mitspieler verschenkt werden. So wächst für einzelne Spieler und Gruppen die emotionale Bindung an die Welt des Spiels, die sich mit einer Markenbindung verknüpfen lässt. Das kann über verschiedene, unterschiedlich aufwendige Maßnahmen erfolgen. Die sicherlich umfassendste Methode ist die Erstellung eines eigenen Games oder einer App mit Spiel- und Wettbewerbselementen. Hier kann ein Spieler vollkommen in eine spezifische Markenwelt eintauchen. Ein eigenes Gamification-Angebot kann auch ein effizientes Mittel zur Leadgenerierung über persönliche Anmeldung der Spieler sein, die durch ihre Vorlieben in einem Spiel oder Wettbewerb viel Informationen von sich preisgeben. Auf diese Weise können auch unkonventionelle Wege beschritten werden. Über die Hälfte der weltgrößten Konzerne nutzen laut Marktforschungsinstitut Gardner Gamification zur Motivationssteigerung im Arbeitsalltag. Der Chemiekonzern Bayer setzt eine Karriere-App ein, um spielerisch in einer Art Wissensquiz neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Fußball-EM als Aufhänger Weniger aufwendig als eine eigene App sind gebrandete Items wie die Markenkleidung der Avatare sowie Teilbereiche von Social Games und klassischen Online-Computerspielen, sofern dort die entsprechende Zielgruppe angesprochen werden soll. Ebenfalls relativ leicht umsetzbar ist das In-Game-Advertising, etwa durch Werbeeinblendungen in Browser-Spielen wie z.B. Candy Crush oder durch Bandenwerbung in Online-Fußballwettkämpfen. Apropos Fußball: Am 10. Juni beginnt die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich, nicht nur das Highlight des Sports, sondern aller Unterhaltungsevents in diesem Jahr. Ob im stationären Handel oder im Internet, die ersten Marketing-Bezüge sind einige Monate zuvor schon hergestellt. Und da es sich beim Fußball um ein Spiel handelt, liegt nichts näher als das Thema spielerisch anzugehen. Traditionell werden wieder unzählige Tippspiele eingerichtet. Das ist genau wie ein Fußballquiz kein alter Hut, sondern immer wieder spannend, spaßig und motivierend für die Teilnehmer. Mehr oder weniger aufwendige virtuelle Soccer-Turniere - komplett im Unternehmens-Corporate-Design - finden mit Sicherheit viele Liebhaber und bieten vielfältige Möglichkeiten für Mitarbeitermotivation, Kundenbindung und Leadgenerierung. Ein wahres Gamification-Dorado. Gamification-Spezialisten Die Anbieter von Gamification-Lösungen kommen teilweise aus dem klassischen Gaming-Bereich, zum Teil haben sich aber auch Web- und Werbeagenturen darauf spezialisiert. Wir haben in einer Marktübersicht einen guten Teil der Szene im deutschsprachigen Raum zusammengetragen.

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Gabriele Braun ist Geschäftsführerin der marketing-BÖRSE GmbH. Seit über 25 Jahren ist sie als IT-Expertin aktiv und begeisterte Tennisspielerin.