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Social Media Marketing und Schleichwerbung

Ende 2015 hat Amazon in den USA rund 1.000 Personen verklagt.
Simon Goergen | 15.03.2016
Auch in Deutschland gelten gekaufte Produktbewertungen, die als solche nicht kenntlich gemacht sind, als Schleichwerbung. Sie können rechtlich geahndet werden.

Unternehmen, die Bewertungen manipulieren lassen, können wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht von Konkurrenten belangt werden. Gegebenenfalls können Unterlassungsansprüche und Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Je nach Umfang und Art der Täuschung kann auch der Tatbestand des Betrugs erfüllt sein.

Für ein Unternehmen bedeutet die Aufdeckung einer manipulierten Produktbewertung aber meist auch einen katastrophalen Image-Schaden, denn im Netz macht eine solche Aktion schnell die Runde.
Was Sie wissen sollten
Social Media Marketing ist eine spezielle Form des Online-Marketings. Es bedient sich der hierfür geschaffenen Social Media Plattformen wie:

• Blogs
• Microblogging-Dienste wie Twitter
• Plattformen wie Google+ und Facebook
• Bewertungsplattformen
• Videonetzwerke wie Youtube etc.

Ein wesentlicher Unterschied zum klassischen Marketing: Es findet ein direkter und unmittelbarer Dialog zwischen werbetreibendem Unternehmen und dem einzelnen Nutzer statt. Beim Marketing in Echtzeit erfolgt die Kommunikation viel schneller und direkter als bei anderen Werbeformen. Und das hat Folgen.

Rechtliche Fallstricke

Aufgrund der Geschwindigkeit fallen oft Qualitätsstandards des klassischen Marketings weg. Zum Beispiel die rechtliche Prüfung, ob die Werbeaussagen so zulässig sind oder Lizenzen für die geposteten Bilder bestehen.

Das ist m. E. zwei Dingen geschuldet: Zum einen bestehen die Maßnahmen vielfach aus kurzen Forenbeiträgen, Tweets oder Stellungnahmen bei Facebook etc., die schnell erfolgen müssen und so keine Zeit für umgehende Prüfungen ist. Zum anderen sind der Aufwand von Zeit und Geld und die Einfachheit der Umsetzung ein weiterer Grund für die Außerachtlassung einer Prüfung rechtlicher Fallstricke. Da aber im Netz jeder alles mitbekommen kann, bekommt möglicherweise auch ein Mitbewerber Kenntnis von den geposteten Meldungen. Liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor, kann dies unangenehme Konsequenzen haben.

Zwei Arten von Regeln

Um sich rechtssicher in Social Media Kanälen bewegen zu können, sollten werbetreibende Unternehmen ein paar wichtige Grundregeln beachten. Dies ersetzt zwar nicht die exakte Prüfung des Einzelfalls, kann jedoch ein Gespür für „Untiefen“ geben und dadurch für die Gefahr sensibilisieren.
Für Social Media gelten mehrere Gesetze, die zu beachten sind. Im Wesentlichen geht es um zwei Arten von Regeln: Die einen erlegen Informationspflichten auf, zum Beispiel die Impressumspflicht. Gerade bei Versäumnissen bei der Impressumspflicht kommt es zu vielen Abmahnungen. Daneben gibt es Regeln, die ein bestimmtes Verhalten untersagen wie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Gesetze gegen Schleichwerbung

Im Folgendem werden der Problembereich Schleichwerbung und das Trennungsgebot im Social Media kurz skizziert:

Schleichwerbung liegt vor, wenn der Werbecharakter einer Aussage verschleiert werden soll. Social Media Plattformen bieten hierfür einen verlockenden Nährboden. Denn die persönliche Beurteilung eines Produkts von einem objektiven Dritten, der keinerlei sonstigen Bezug zum Produkt oder zum Anbieter hat, vermittelt mehr Glaubwürdigkeit als die Aussagen des vertreibenden Unternehmens selbst. Wird jedoch der Eindruck erweckt, es handle sich um eine rein persönliche Beurteilung ohne weitere Interessen, so wird der Verbraucher getäuscht und man nennt es Schleichwerbung.

Gleich mit mehreren Vorschriften will der Gesetzgeber Schleichwerbung entgegenwirken.

1. § 4 Nr. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
2. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG)
3. § 58 Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der die strikte Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung vorzieht, das sogenannte Trennungsgebot
Darüber hinaus verbieten auch manche Social Media Portale in ihren Nutzungsbedingungen Schleichwerbung.

Zum Beispiel Facebook: „4. Registrierung und Kontosicherheit, Nr. 4: Du wirst deine persönliche Chronik nicht hauptsächlich für deinen eigenen kommerziellen Profit verwenden und auch nicht eine Facebook-Seite für solche Zwecke nutzen.“

Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen der Portale sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, da gerade im kommerziellen Bereich eine Sperrung des Social Media Kontos einen Image-Schaden zur Folge haben kann.Einige Verstöße stellen darüber hinaus auch Verstöße gegen geltende Gesetze dar.Verschleiert das eigene Produkt bewerten
Ein vielfach praktiziertes Verhalten ist die positive Bewertung des eigenen Produktes auf Bewertungsportalen. Dies ist der Fall, wenn Mitarbeiter des herstellenden oder vertreibenden Unternehmens dieses auf einer Bewertungsplattform positiv bewerten, ohne dass der Bezug zum Unternehmen erkennbar ist. Eine Verteidigung, man habe sich als Privatperson geäußert, dürfte wohl in den meisten Fällen nicht greifen, erst recht nicht, wenn man selbst Inhaber des Unternehmens ist. Mit diesem Verhalten täuscht man die anderen Nutzer darüber, dass die Bewertung keine persönliche Meinung ist, sondern vielmehr eine Werbebotschaft mit dem Interesse, die anderen Nutzer zum Verkauf zu bewegen. Und das ist Schleichwerbung, die verboten ist.

Um diesem sogenannten Astroturfing vorzubeugen, haben einige Unternehmen Richtlinien für ihre Mitarbeiter erstellt, dass diese nur mit dem Hinweis auf die Unternehmenszugehörigkeit Informationen mit Unternehmensbezug in Social Media Plattformen veröffentlichen dürfen.

Ebenso stellt das Bewerten unter einem „Fake-Profil“ Schleichwerbung dar. Denn auch hier wird der Werbecharakter der Aussage verschleiert und der Verbraucher getäuscht.Werbung auf Blogs
Problematisch in diesem Zusammenhang ist auch die Frage, wie es sich verhält, wenn ein Blogger ein Produkt vom Unternehmen kostenlos erhält und darüber berichtet. Es kommt hier auf die Umstände des Einzelfalles an.

Erhält der Blogger ein kostenloses Produkt mit der Auflage, positiv über dieses zu berichten, und wird dies nicht kenntlich gemacht, so ist dies unlauter. Ebenso kann die Wertigkeit des Produktes herangezogen werden. Stellt ein Unternehmen einem Blogger einen teuren Designerherd kostenlos zur Verfügung, so wäre wohl eher von einer Verpflichtung für wohlwollende Werbung auszugehen als beim Erhalt einer Tafel Schokolade. Liegt aber Sponsoring vor, so hat ein Hinweis zu erfolgen, der nach den konkreten Umständen des Sponsoring ausformuliert werde muss. (So hat der BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 I ZR 2/11 GOOD NEWS II, entschieden, dass bei einem gesponserten Artikel in einer Lokalzeitung die Kennzeichnung „sponsered by“ nicht ausreicht, sondern der Artikel eindeutig mit „Anzeige“ gekennzeichnet werden muss. In dem Fall musste das baden-württembergische Landespressegesetz, welches die Kennzeichnung mit „Anzeige“ vorschreibt, eingehalten werden. Ob dieses für Printmedien ergangene Urteil auch für Online-Medien gilt, ist fraglich.)

Virales Marketing

Beim viralen Marketing geht es eigentlich um Mundpropaganda. Informationen werden von Person zu Person weitergegeben und erreichen so einen großen Empfängerkreis. Heute erfolgt diese Information meist mit kleinen Videos, die von Nutzern an Freunde weitergeleitet werden. Die meisten Videos stellen jedoch nicht mehr das Anpreisen des Produktes in den Vordergrund, sondern bieten unterhaltsamen oder nützlichen Content, der eine Weiterleitung des Videos veranlassen soll. Die Inhalte werden quasi durch die gewählte Zielgruppe selbst – wie ein Virus –verbreitet. Doch es wird auch eine Werbebotschaft mit einer privaten Kommunikation verknüpft.

Auch virale Werbemaßnahmen unterliegen der rechtlichen Kontrolle. Da für diese neuen Werbeformen noch keine klare Rechtsprechung vorliegt, sollte vor einer Kampagne der rechtliche Aspekt geprüft werden. Grenzwertig ist immer, wenn der Konsument nicht mehr zwischen redaktionellen oder meinungsbildenden Inhalten und Werbung unterscheiden kann.

Kann der Nutzer den Werbecharakter nicht erkennen, so kommt auch bei viralen Werbemaßnahmen ein Verstoß nach § 6 TMG in Betracht. Daneben kann auch ein Verstoß gemäß § 4 Nr. 3 UWG vorliegen. Dies kann einen Unterlassungsanspruch und gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch begründen.Die Konsequenzen betreffen nicht nur das werbende Unternehmen, sondern gegebenenfalls auch die beauftragte Werbeagentur. Denn meistens handelt es sich bei den mit der Agentur abgeschlossen Verträgen um Werkverträge und danach schuldet die Agentur ein mangelfreies Werk. Zur Mangelfreiheit gehört auch, dass die Leistung rechtskonform ist. (In diesem Sinne urteilte das OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2003, Az. 5U 39/02. Etwas anders beurteilt das KG Berlin im Beschluss vom 04.02.2011, Az. 19 U 109/10, danach liegt die Grenze der Zumutbarkeit bei der Überprüfung, ob ein Markenrechtsverstoß vorliegt.) Daher bestehen unter Umständen Regressforderungen an die Agentur.

Fazit

Im Bereich Online-Werbung und speziell bei Werbung auf Social Media Plattformen kann leicht eine Verletzung von Rechtsvorschriften geschehen. Das Regelwerk ist komplex und teilweise auch noch nicht durch eine gefestigte Rechtsprechung eindeutig entschieden. Riskant wird es immer, wenn über den Werbecharakter getäuscht wird.