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Ausbildungsbetriebe im Ausbildungsmarketing zu unflexibel

Ausbildungsexpertin erklärt, warum die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze aufgrund eines unveränderten Ausbildungsmarketings weiter steigen wird.
Sabine Bleumortier | 15.01.2015
Fast jeder dritte Ausbildungsbetrieb konnte 2013 nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. D.h. es blieben 80.000 Ausbildungsplätze in Deutschland unbesetzt, so die DIHK-Online-Unternehmensbefragung Ausbildung 2014. Dabei wird mangelnde Ausbildungsreife auf Seiten der Schulabgänger weiter als das Ausbildungshemmnis Nummer Eins genannt.

Es ist sicher nicht leicht, passende Bewerber in Zeiten sinkender Schulabgängerzahlen und dem vermeintlich notwendigen Studium, zu finden. Manche Betriebe machen es sich aber auch zu leicht und halten gerne an Altbewährtem fest, anstelle moderne Wege im Ausbildungsmarketing einzuschlagen.

Warum die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze steigen wird

- Ausbildungsbetriebe sind nicht dort, wo der Nachwuchs zu finden ist.
Eine gute Ausbildungshomepage findet sich noch zu selten und die Möglichkeiten im Internet werden nicht ausgeschöpft. Innovative Aktionen vor Schulen, örtlichen Fast-Food-Ketten oder bei Veranstaltungen, auf denen sich Schüler tummeln, sind rar.

- Die Werbung ist zu unpersönlich.
Anzeigen sollten mit Bildern und Kontaktdaten der eigenen Auszubildenden und/oder Ausbilder persönlicher gestaltet werden. Auszubildende sind als Botschafter zu nutzen. Aktionen wie „Ausbilder sucht seinen Azubi“ oder „Azubis suchen ihre Nachfolger selbst“ gibt es nur spärlich.

- Betriebe kennen ihre Zielgruppe nicht.
Ausbildungsbetriebe setzen sich noch zu wenig mit der jungen Generation auseinander. Sie wissen nicht, wer genau sich für ihren Beruf und ihr Unternehmen interessiert. Was verbindet diese Personen und kann für ein erfolgreiches Ausbildungsmarketing genutzt werden?

- Schüler werden weggeschickt.
Insbesondere auf Messen oder Speed-Dating-Events kann immer wieder beobachtet werden, dass Bewerbungsunterlagen nicht angenommen werden. Dagegen wird der Interessent an ein Online-Bewerbungssystem verwiesen. Diesen Schüler hat der Betrieb mit großer Wahrscheinlichkeit verloren.

- Anforderungsprofile werden nicht überarbeitet.
Anforderungsprofile für die Ausbildungsberufe stehen oft seit Jahrzehnten fest. Aber die Zielgruppe wie Berufe haben sich geändert und die Frage ist, ob die teils hohen Anforderungen der Unternehmen wirklich notwendig sind.

- Die Reaktionszeit der Betriebe ist zu langsam.
Teilweise erhalten Schüler erst nach drei Wochen einen Eingangsbescheid auf ihre Bewerbung – andere erhalten diesen nie. Anschließend dauert es Wochen oder Monate bis die Einladung zum Vorstellungsgespräch oder eine Absage folgt. Das kann und muss in Zeiten der modernen Kommunikationstechnik schneller gehen.

- Ausbilder wissen nicht, was das Besondere an ihrer Ausbildung ist.
Früher war es die Standardfrage im Vorstellungsgespräch an den Bewerber: „Warum sollten wir uns für Sie entscheiden?“ Heute ist es genau umgekehrt und ein Schüler fragt schon mal, was das Besondere an der Ausbildung im Betrieb ist. Darauf haben zu wenig Personaler eine gute Antwort parat.

- Der Ausbilder kann sich nicht entscheiden.
Es könnte noch ein Bewerber kommen, der besser als neuer Auszubildender geeignet ist, so denken manche Ausbilder und warten auf den perfekten Kandidaten. Aber die junge Generation möchte nicht auf eine Warteliste gesetzt werden und zweite Wahl sein.

- Die Bedeutung des positiven Images wird unterschätzt.
Ein Schüler, der weitererzählt wie gut ihm sein Praktikum gefallen und der vom Betrieb gleich eine Zusage erhalten hat, ist gold wert - ebenso Erlebnisse von Bewerbern, die auf Messen eine Einladung zum Vorstellungsgespräch oder direkt nach Versand der Bewerbung einen Anruf vom Ausbilder zur Terminvereinbarung erhalten. Das ist kostenlose Werbung für das Unternehmen, die Mitschüler anspricht.
Online-Bewertungsportale können das positive Image zudem unterstützen.

- Ausbildungsmarketing wird zu kurzfristig gedacht.
Wenn eine Aktion im Ausbildungsmarketing einmal nichts gebracht hat, wird sie nicht noch ein zweites Mal ausprobiert. Dabei dauert es manchmal länger, sich im Gedächtnis der Schüler zu verankern.
Oft wird mit dem Ausbildungsmarketing erst begonnen, wenn Plätze zu besetzen sind. Das ist zu kurzfristig gedacht. Ausbildungsmarketing muss früher beginnen.

- Es wird eher auf materielle Anreize gesetzt als auf Ausbildungsqualität.
Gerade in den letzten Monaten versuchen Unternehmen, Schüler über materielle Anreize auf sich aufmerksam zu machen. Das mag kurzfristig den erwünschten Erfolg bringen, aber ob diese Bewerber langfristig am Beruf und Unternehmen Interesse zeigen ist fraglich. Am Ende muss die Ausbildungsqualität und Betreuung des Auszubildenden in den Betrieben stimmen.

In der oben angesprochenen DIHK-Ausbildungsumfrage gaben über die Hälfte der Betriebe an, dass sie ihr Ausbildungsmarketing verbessern möchten - ein guter Weg. Ich sehe schon Betriebe, die sich auf die neue Situation einstellen. Wenn ich aber daran denke, dass bereits seit einigen Jahren bekannt ist, dass das bisherige Ausbildungsmarketing so nicht mehr funktionieren wird, dann tut sich immer noch viel zu wenig. Wahrscheinlich ist der Leidensdruck einfach noch nicht groß genug. Und da wird dann lieber über den Fachkräftemangel und die mangelnde Ausbildungsreife gejammert.

Weitere Informationen zur Autorin unter http://www.bleumortier.de.