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E-Mail-Marketing: Doch (k)eine Haftung für Affiliates?

Auftraggeberin hatte im entschiedenen Fall keine E-Mail-Werbung beauftragt, sondern diese sogar verboten.
Jens Eckhardt | 21.08.2013
Das LG Stuttgart hatte recht aktuell über die Haftung des Auftraggebers für E-Mail-Werbung eines Affiliate-Partners unter dem Aspekt der Störerhaftung zu entscheiden (Urt. v. 29.05.2013, Az. 13 S 200/12). Das LG Stuttgart kam wenig überraschend zu dem Ergebnis:

„Ein Advertiser kann nicht ohne Weiteres als mittelbarer Störer i.S.d. § 1004 BGB vom Empfänger auf Unterlassung von Spam-E-Mails in Anspruch genommen werden, die ein mit ihm über ein Affiliate-Marketing-Netzwerk verbundener Publisher unerlaubt und ohne sein Wissen versendet.“ (amtlicher Leitsatz der Entscheidung: LG Stuttgart, Urt. v. 29.05.2013, Az. 13 S 200/12).

Diese Entscheidung wäre nicht so spektakulär, würde in der aktuelleren Berichterstattung nicht zuweilen die Beschränkung durch den zweiten Halbsatz „unter den Tisch“ fallen gelassen und die Entscheidung auf die Aussage „keine Haftung für Affiliates“ beschränkt. Diese inhaltliche Verkürzung ist – wie schon der amtliche Leitsatz zeigt – nicht zutreffend.

Hintergrund der Entscheidung


Zum Sachverhalt ist der Entscheidung insbesondere Folgendes zu entnehmen: „Unstreitig (geworden) ist zwischen den Parteien, dass die Werbe-E-Mails nicht von der Beklagten an den Kläger gesandt wurden, dass Absender vielmehr ein ausländischer E-Mailversender unter der Bezeichnung l. ist. Die Beklagte ist als Advertiser Beteiligte des Affiliate-Marketing-Netzwerks der Z., an welchem auch l. als Publisher beteiligt ist. Unmittelbarer Handlungsstörer ist damit nicht die Beklagte, sondern l.“ (LG Stuttgart, Urt. v. 29.05.2013, Az. 13 S 200/12).

Besonderheit des entschiedenen Falles

Entscheidend sind für die Bewertung des LG Stuttgart in dieser Entscheidung jedoch zwei andere Aspekte: „…, vielmehr führt er [der Kläger] aus, dass zwischen der Beklagten und der l. keine vertragliche Grundlage und keine Verantwortungsbeziehung bestand, wobei er diesen Vortrag in der Berufungsverhandlung wieder relativierte.“ In dem entschiedenen Fall bestand für den Versender kein finanzieller Anreiz zur Versendung der E-Mails („Der Kläger kann schon nicht dartun, dass für die Beklagte erkennbar gewesen sei, dass ihr Werbepartner gegen das ausdrückliche Verbot der E-Mailwerbung verstoßen würde. Und erst Recht fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, dass die Beklagte finanzielle Anreize für den Verstoß gesetzt habe.“). Besonders relevant ist jedoch, dass die Auftraggeberin im entschiedenen Fall keine E-Mail-Werbung beauftragt, sondern diese sogar verboten hatte („Die Beklagte wusste nach dem der Entscheidung zugrunde zulegenden Sachverhalt nichts von einer E-Mailwerbung, sie hatte diese auch generell untersagt und somit eine viel weitergehende Regelung getroffen.“) (LG Stuttgart, Urt. v. 29.05.2013, Az. 13 S 200/12).

Fazit: Risiko der Haftung für E-Mail-Marketing durch Affiliate

Das Risiko der Haftung für E-Mail-Marketing durch Affiliate besteht gerade unter dem Aspekt der sog. Störerhaftung weiterhin. Danach haftet – vereinfacht gesagt -, wer adäquat kausal an der Rechtsverletzung mitgewirkt hat, obwohl ihm eine Verhinderung möglich und zumutbar war. Unter dem Aspekt der adäquaten Kausalität, der Zumutbarkeit bzw. der sog. Verletzung zumutbarer Prüfpflichten versucht die Rechtsprechung die Haftung auf ein angemessenes Maß zu begrenzen. Es ist die Tendenz zu erkennen, dass einem Werbenden nicht ermöglicht werden soll, sich bei einer rechtswidrigen Aktion hinter einem Dritten – bspw. einem Affiliate im Ausland – verstecken zu können.

Die Entscheidung des LG Stuttgart macht vor diesem Hintergrund zwei Aspekte deutlich: Die Haftung für Affiliates ist kein Automatismus, sondern hat Grenzen. Für eine „Haftungsfreiheit“ ist allerdings die „Latte hoch gelegt“.