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Mitarbeiter motivieren - wie es richtig funktioniert

Die Hälfte der Arbeitnehmer sind mit ihrem Arbeitsleben nicht zufrieden und über zwei Drittel macht Dienst nach Vorschrift - da stimmt etwas nicht.
Jörg Steinfeldt | 17.12.2012
Es ist ein Lieblingsthema der Managementratgeber: Motivation. Mit der Faustregel „Je exotischer die Masche, umso mehr Geld ist drin“ stacheln Autoren und selbst ernannte Gurus Arbeitgeber wie -nehmer auf: „Du kannst alles schaffen, wenn Du es so machst und daran glaubst“. Mehr bleibt einem auch nicht, denn eine Erfolgsgarantie gibt natürlich keiner. Über Glasscherben zu laufen, gemeinsam die Stromschnellen im Schlauchboot zu beherrschen oder in der Bergwand zu hängen, sicher, jede Erfahrung hinterlässt Spuren, die langlebigsten dabei dürften die diversen Hautabschürfungen samt Narbenbildung sein.

Der Effekt dieser scheinbaren, weil immer durch diverse Seile gesicherten Abenteuer ist gleich null, so die deutschen Arbeitnehmer. Seit Jahren sind die Umfrageergebnisse Konstant: Die Hälfte der Arbeitnehmer sind mit ihrem Arbeitsleben nicht zufrieden, über zwei Drittel macht Dienst nach Vorschrift und fast jeder Fünfte hat innerlich gekündigt. Störfaktoren sind die konkreten Arbeitsbedingungen, das schlechte Betriebsklima, die mangelhafte Organisation oder zu viel Kontrolle.
Negativfaktor Nr. 1 ist der direkte Vorgesetzte. Fast jeder Arbeitnehmer klagt über Schwierigkeiten mit ihm, zwei Drittel meinen, er könne nicht mit Menschen umgehen, ein Drittel sieht ihn als völlige Fehlbesetzung und jeder Fünfte soll ihn sogar hassen.
Negativfaktor Nr. 2 ist das allgemeine Management, das schlecht mit den Mitarbeitern kommuniziere und menschlichen Aspekten immer weniger Raum gäbe. Die Job-Hopper in den Führungsetagen hätten weder Ahnung vom noch Interesse am Unternehmen, seinen Menschen und Produkten, nützten es nur als Durchlauferhitzer für die eigene Karriere. Wie passen diese traurigen Erkenntnisse aus der Praxis zu den großen Erfolgen, die die Gurus mit den Auflagenmillionen und die Anbieter von Abenteuerwochenenden versprechen?

Was Anreize wirklich bringen
Mitarbeiter erleben Motivationsversuche ihres Vorgesetzten sehr banal. Er greift entweder zum Bonus oder zu „machbaren“ Maßnahmen wie eine Extraaufgabe hier, ein Seminar dort. Doch wie viele Extraaufgaben sind zu verteilen, wie viele Schulungen sind sinnvoll? Die Anforderungsspirale dreht ein Unternehmen schwindelig, der gewünschte Effekt - zufriedene Mitarbeiter – bleibt aus. Nicht die Motivation, allein die Kosten steigen. Und wenn die Anreize ausbleiben? Dann machen selbst die Löwen im goldenen Käfig Dienst nach Vorschrift.

Woran liegt das? Motivieren heißt, einen anderen Menschen zu veranlassen in Inhalt, Richtung und Intensität so zu handeln, wie es dem Wunsch desjenigen entspricht, der den anderen motiviert. Wer meint, andere motivieren zu müssen, setzt voraus, dass die anderen nicht das gleiche tun möchten wie er. Es wird unterstellt, Mitarbeiter seien tendenziell faul. Von außen kommende, extrinsische Motivation, Anreize wie Geld oder Status sollen die gewünschte Leistung bewirken. Der Vorgesetzte sieht seine Bedürfnisse befriedigt, für die Mitarbeiter bleiben die von Sprenger in „Mythos Motivation“ genannten fünf B: belohnen, belobigen, bestechen, bedrohen, bestrafen.

Natürlich kann kurzfristig punktuell auf ein wichtiges Ereignis „motiviert“ werden, siehe Sportler. Es gibt aber keinen Nachweis, dass sich Leistung durch Anreizsysteme dauerhaft steigern lässt. Vielmehr engt extrinsische Motivation Menschen ein. Der Mitarbeiter ist einem System ausgesetzt, das ständig vorgibt. Er kann nur reagieren, wird nicht motiviert, sondern manipuliert. Das spüren Mitarbeiter schnell. Da niemand in unserer freien und zunehmend egoistischen Gesellschaft gerne Spielball eines anderen ist, sind sie erfinderisch, Anreize mitzunehmen, ohne mehr leisten zu müssen. Oder sie entziehen sich dem System durch Ignoranz. Für viele ist Geld schon lange nicht mehr alles.

Auf gute Beziehungen
Was tun? Menschen handeln nicht ohne Grund. Sie richten ihre Einstellung, ihr Verhalten und Handeln danach aus, ob ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Das ist das Ausgangsmotiv all unseres Handelns, ob wir lieben, arbeiten oder unvernünftige Sachen machen. Je besser wir unsere Bedürfnisse kennen und je mehr wir sie berücksichtigt sehen, je tiefer befriedigt uns, was wir tun. Dann entwickeln wir Energie und setzen unsere Kräfte dafür ein, dass es dabei bleibt. Dieser eigene Antrieb ist die innere, intrinsische Motivation. Befriedigt ein Unternehmen, eine Führungskraft die Bedürfnisse der Mitarbeiter, befriedigen die Mitarbeiter die Bedürfnisse des Unternehmens, der Führungskraft. Sie setzen ihre Erfahrungen und ihr Potential in Leistungen zu ihrem Erfolg und zu dem des Unternehmens um. Das ist wie in jeder guten Beziehung. Es ist ein Geben und Nehmen.

Es kommt also auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter an wie Sicherheit (vor Verlust des Arbeitsplatzes), Identifikation mit dem Unternehmen (positive Basis für sich selbst), gute Arbeitsbedingungen, Anerkennung (als ganzer Mensch) und einen selbst empfundenen Sinn der eigenen Tätigkeit. Zu wissen, in einem modernen Umfeld in einem Team mit sympathischer Menschen ist das mein anerkannter Beitrag zu einem guten Produkt, kann tief befriedigen, auch bei Unternehmen, deren Waren nicht als „sexy“ gelten. Die individuellen Bedürfnisse eines jeden einzelnen Mitarbeiters herauszufinden bedarf eines hohen Einfühlungsvermögens, eines offenen Vertrauensverhältnisses, einer guter Menschenkenntnis und viel Zeit.

Der wichtigste Einfluss auf unsere innere Verfassung ist die Beziehung zu unseren unmittelbaren Mitmenschen, dem Lebenspartner, unseren Kindern, den Nachbarn, Freunden und Kollegen. Es sind Konflikte mit diesen Menschen, die uns unter die Haut gehen. Für Führungskraft ist es eine der wichtigsten Aufgaben, die unmittelbaren Beziehungen der Mitarbeiter am Arbeitsplatz so zu gestalten, dass sich jeder Mitarbeiter höchstmöglich wohl fühlt:

• Zufriedenheit durch Anerkennung
• Stärke durch Wertschätzung
• Kraft durch positive empfundene Beziehungen.

Das macht nicht faul und bequem, sondern zufrieden und glücklich.

Despoten sind out

In der Freizeit frei zu sein, von Freunden anerkannt zu sein, sich mit schicken Gegenständen zu umgeben, aber sich in der Firma von einem Despoten scheuchen lassen und unter miesen Bedingungen arbeiten zu müssen, nehmen heute immer weniger hin. Junge Menschen haben die Bildung oder über die Gesellschaft mitgenommen, einen Anspruch auf Individualität und Respekt zu haben. Sie wollen keine zwischen Privat- und Arbeitsleben gespaltene Person sein, sondern als eine Person im Arbeits- wie im Privatleben stehen, wollen Freiheit, Selbstverwirklichung, Freude und Spaß. Das hat nichts mit Freizeitpark Deutschland zu tun, sondern sind Bedürfnisse, die legitim sind, die jeder Mensch erfahren sollte - auch am Arbeitsplatz.

Schatz, das hat richtig gut geschmeckt
Das Ziel ist eine normale, positive Atmosphäre zu schaffen. Für die Führungskraft heißt das, authentisch bleiben und frei nach Kant „behandle die Mitarbeiter so, wie Du auch behandelst werden möchtest“. Verhalten Sie sich nicht wie von außen aufgesetzt, sondern natürlich von innen kommend. Wenn Ihre Partnerin ein gutes Essen bereitet hat, heben Sie auch nicht die Stimme zu einer kurzen Ansprache „Liebe Claudia, ich muss sagen, das Abendessen mundete wirklich gut, ich möchte hiermit Deine Leistung loben. Ich werde mir das merken“. Sie wird wahrscheinlich nur misstrauisch werden. Besser kommt ein spontanes „Schatz, das hat richtig gut geschmeckt“ an, verbunden mit einem tiefen, liebevollen Blick. Selbstredend sollten Sie Mitarbeiter nicht „Schatz“ nennen.

Wie in allen Beziehungen ist wichtig zu wissen, wie die Stimmungslage bei dem anderen ist. Seien Sie aktiv, haben Sie offene Ohren und Poren. Seien Sie nicht aufdringlich neugierig, aber eindringlich fühlend. Sehen Sie nicht nur den Arbeitsplatz, beachten Sie auch den privaten Bereich. Emotionen (Stress in der Partnerschaft) lassen sich nicht morgens an der Stechuhr wegstempeln.
Schaffen Sie Zufriedenheit durch eine angemessene, gerechte Bezahlung. Die gehört zu einer fairen Beziehung Unternehmen/Mitarbeiter dazu. Mehr Gedanken sollten Sie an dieses Thema nicht verschwenden.

Natürlich leben wir nicht in einer schönen heilen Welt. Es gibt Menschen, die Arbeit nur als notwendiges Übel sehen. Von Menschen, bei denen Sie wirklich ernsthaft feststellen, dass sie nicht bereit oder in der Lage sind, sich mit einer positiven Einstellung einzubringen, sollten Sie sich trennen. Das werden Ausnahmen sein. Die meisten Menschen wollen das, was Sie auch suchen: Befriedigung, Freude und Erfolg.

Lesetipp
Der Autor Jörg Steinfeldt ist eine erfahrene Führungskraft und macht in einer einzigartigen Mischung aus bissigem Humor und Einblicken in die Wirren der Führungsetagen deutlich, welche Ansprüche an heutige Führungskräfte gestellt werden. Dieses Buch ist eine Denkanleitung fürs Management. Ein Buch für Führungskräfte und all jene, die es werden wollen.
Was sie schon immer über Führung wissen wollten ... BusinessVillage, ISBN 978-3-86980-156-8, 24,80 Euro.

Der Link zum Buch:
http://www.erfolgx.de/Buch/details/1207-Was-Sie-schon-immer-ueber-Fuehrung-wissen-wollten---und-was-davon-bereits-in-Ihnen-steckt

Mit freundlicher Genehmigung der BusinessVillage GmbH - Verlag für die Wirtschaft (http://www.businessvillage.de)