Bedeutung der “Vertragsstrafe”
In vielen Verträgen werden Vertragsstrafen bzw. Konventionalstrafen vereinbart. Was genau ist das? Und welche Vereinbarungen sind wirksam oder unwirksam?
Vertragsstrafen sind ein pauschalisierter Schadenersatz: Die Vertragspartner vereinbaren für den Fall, dass einer von beiden einen Vertragsverstoß begeht, einen im Voraus festgelegten Schadenersatz der Höhe nach.
Der Vorteil: Der Gläubiger der Vertragsstrafe muss nicht nachweisen, wie hoch der Schaden durch den Vertragsverstoß ist. Er muss nur nachweisen, dass der andere überhaupt gegen den Vertrag verstoßen hat. Gelingt ihm das, muss der Vertragsverletzer die vereinbarte Strafe zahlen.
In der Praxis ist es oftmals sehr schwer bis unmöglich, einen konkreten Schaden zu beweisen. Daher erleichtert die Vereinbarung einer Vertragsstrafe die Durchsetzung des Ersatzanspruchs erheblich.
Eine Vertragsstrafe muss aber vereinbart werden, sie gibt es nicht kraft Gesetz. Laut Gesetz gibt es nur den „normalen“ Schadenersatzanspruch: Der Geschädigte muss nachweisen, dass (1.) der andere einen Schaden verursacht hat und (2.) wie hoch der Schaden ist.
Es drängt sich nun auf, dass ein starker Vertragspartner den schwächeren Vertragspartner durch die Vereinbarung einer sehr hohen Vertragsstrafe in den Ruin treiben kann.
Ein Beispiel: Veranstalter und Vermieter einer Location vereinbaren eine Vertragsstrafe von 1 Million Euro, wenn der Veranstalter die Location nicht pünktlich wieder an den Vermieter zurückgibt. Als Rückgabezeitpunkt ist 10 Uhr morgens vereinbart. Die Miete der Location beträgt 1000 Euro. Der Vermieter hat die Location am Folgetag nicht weiter vermietet, die Location steht wochenlang leer.
Der Veranstalter gibt den Schlüssel um exakt 10.01 Uhr an den Vermieter zurück. Es wäre nun absolut unverhältnismäßig, wenn der Vermieter 1 Million Euro fordern könnte, also ein Vielfaches des eigentlichen Schadens.
Daher sind Vereinbarungen über Vertragsstrafen auch unwirksam, wenn sie den anderen Vertragspartner unangemessen benachteiligen – jedenfalls dann, wenn es sich bei der Vereinbarung um AGB handelt (also geschrieben wurde, um mehrfach verwendet zu werden bzw. mehrfach verwendet wird).
Es ist also erforderlich, eine angemessene Vertragsstrafe zu vereinbaren: Der pauschale Schadenersatzanspruch soll also zum potentiell entstehenden Schaden „passen“. Für den Ersteller einer Vertragsstrafenklausel besteht das Problem, in die Zukunft zu schauen: Was könnte passieren, wie hoch könnte der Schaden sein, was ist verhältnismäßig?
Aufgrund dieser Schwierigkeiten und des Risikos, dass die Klausel unwirksam ist, hat sich der sog „Hamburger Brauch“ durchgesetzt: Man vereinbart nicht einen festen, im Voraus bezifferten Betrag, sondern vereinbart eine „angemessene“ Vertragsstrafe.
Beispiel: „Der Schuldner verpflichtet sich zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe, die der Gläubiger nach billigem Ermessen festsetzen kann und deren Angemessenheit ihm Streitfall von einem zuständigen Gericht überprüft werden kann.“
Der Gläubiger der Vertragsstrafe hat hier den Vorteil, dass er die Höhe der Strafe an der konkreten Rechtsverletzung bemessen kann: Je mehr der Schädiger mit Vorsatz handelt und je größer das Ausmaß der Rechtswidrigkeit bzw. Verwerflichkeit, desto höher die Vertragsstrafe.
Der Schuldner der Vertragsstrafe ist insoweit geschützt, dass er die Höhe der vom Gläubiger begehrten Strafzahlung durch ein Gericht überprüfen lassen kann: Übertreibt es der Gläubiger und verliert er entsprechen den Prozess, so trägt er die Gerichtskosten.
Eine solche offen formulierte Klausel führt also dazu, dass
• sie allen potentiellen Schäden bzw. Vertragsverstößen gerecht wird, und
• aufgrund des latenten Prozessrisikos beide Parteien vielleicht noch einmal versuchen, sich außergerichtlich zu einigen.
Hingegen macht die Vereinbarung bezifferter Beträge dann Sinn, wenn man das potentielle Schadensausmaß auch konkret vorhersagen kann.
Zu beachten ist, dass Vertragsstrafenklauseln in einem Arbeitsvertrag nochmals kritischer zu sehen sind.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)
Vertragsstrafen sind ein pauschalisierter Schadenersatz: Die Vertragspartner vereinbaren für den Fall, dass einer von beiden einen Vertragsverstoß begeht, einen im Voraus festgelegten Schadenersatz der Höhe nach.
Der Vorteil: Der Gläubiger der Vertragsstrafe muss nicht nachweisen, wie hoch der Schaden durch den Vertragsverstoß ist. Er muss nur nachweisen, dass der andere überhaupt gegen den Vertrag verstoßen hat. Gelingt ihm das, muss der Vertragsverletzer die vereinbarte Strafe zahlen.
In der Praxis ist es oftmals sehr schwer bis unmöglich, einen konkreten Schaden zu beweisen. Daher erleichtert die Vereinbarung einer Vertragsstrafe die Durchsetzung des Ersatzanspruchs erheblich.
Eine Vertragsstrafe muss aber vereinbart werden, sie gibt es nicht kraft Gesetz. Laut Gesetz gibt es nur den „normalen“ Schadenersatzanspruch: Der Geschädigte muss nachweisen, dass (1.) der andere einen Schaden verursacht hat und (2.) wie hoch der Schaden ist.
Es drängt sich nun auf, dass ein starker Vertragspartner den schwächeren Vertragspartner durch die Vereinbarung einer sehr hohen Vertragsstrafe in den Ruin treiben kann.
Ein Beispiel: Veranstalter und Vermieter einer Location vereinbaren eine Vertragsstrafe von 1 Million Euro, wenn der Veranstalter die Location nicht pünktlich wieder an den Vermieter zurückgibt. Als Rückgabezeitpunkt ist 10 Uhr morgens vereinbart. Die Miete der Location beträgt 1000 Euro. Der Vermieter hat die Location am Folgetag nicht weiter vermietet, die Location steht wochenlang leer.
Der Veranstalter gibt den Schlüssel um exakt 10.01 Uhr an den Vermieter zurück. Es wäre nun absolut unverhältnismäßig, wenn der Vermieter 1 Million Euro fordern könnte, also ein Vielfaches des eigentlichen Schadens.
Daher sind Vereinbarungen über Vertragsstrafen auch unwirksam, wenn sie den anderen Vertragspartner unangemessen benachteiligen – jedenfalls dann, wenn es sich bei der Vereinbarung um AGB handelt (also geschrieben wurde, um mehrfach verwendet zu werden bzw. mehrfach verwendet wird).
Es ist also erforderlich, eine angemessene Vertragsstrafe zu vereinbaren: Der pauschale Schadenersatzanspruch soll also zum potentiell entstehenden Schaden „passen“. Für den Ersteller einer Vertragsstrafenklausel besteht das Problem, in die Zukunft zu schauen: Was könnte passieren, wie hoch könnte der Schaden sein, was ist verhältnismäßig?
Aufgrund dieser Schwierigkeiten und des Risikos, dass die Klausel unwirksam ist, hat sich der sog „Hamburger Brauch“ durchgesetzt: Man vereinbart nicht einen festen, im Voraus bezifferten Betrag, sondern vereinbart eine „angemessene“ Vertragsstrafe.
Beispiel: „Der Schuldner verpflichtet sich zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe, die der Gläubiger nach billigem Ermessen festsetzen kann und deren Angemessenheit ihm Streitfall von einem zuständigen Gericht überprüft werden kann.“
Der Gläubiger der Vertragsstrafe hat hier den Vorteil, dass er die Höhe der Strafe an der konkreten Rechtsverletzung bemessen kann: Je mehr der Schädiger mit Vorsatz handelt und je größer das Ausmaß der Rechtswidrigkeit bzw. Verwerflichkeit, desto höher die Vertragsstrafe.
Der Schuldner der Vertragsstrafe ist insoweit geschützt, dass er die Höhe der vom Gläubiger begehrten Strafzahlung durch ein Gericht überprüfen lassen kann: Übertreibt es der Gläubiger und verliert er entsprechen den Prozess, so trägt er die Gerichtskosten.
Eine solche offen formulierte Klausel führt also dazu, dass
• sie allen potentiellen Schäden bzw. Vertragsverstößen gerecht wird, und
• aufgrund des latenten Prozessrisikos beide Parteien vielleicht noch einmal versuchen, sich außergerichtlich zu einigen.
Hingegen macht die Vereinbarung bezifferter Beträge dann Sinn, wenn man das potentielle Schadensausmaß auch konkret vorhersagen kann.
Zu beachten ist, dass Vertragsstrafenklauseln in einem Arbeitsvertrag nochmals kritischer zu sehen sind.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)