print logo

10 Lehren aus der Corona-Krise für einen digitalen Staat

Bitkom präsentiert Vorschläge für digitale Demokratie, smarte Verwaltung und intelligente Infrastrukturen.
bitkom | 25.09.2020
10 Lehren aus der Corona-Krise für einen digitalen Staat © Pixabay / Tumisu
 

Online-Parteitage und digitale Wahlen, virtuelle Behördengänge und papierlose Anträge, flächendeckende Breitbandversorgung und intelligente Verkehrs- und Stromnetze: Ausgehend von den Erfahrungen in der Corona-Krise hat der Digitalverband Bitkom einen Plan für die Digitalisierung von Politik, Verwaltung und öffentlicher Daseinsvorsorge vorgelegt. „Politik und Verwaltung haben in der Corona-Krise vielerorts von null auf digital umgeschaltet. Der Staat machte aus der Not eine Tugend und ermöglichte digitale Anträge, schaffte Schriftformerfordernisse ab und ließ seine Beamten und Angestellten im Homeoffice arbeiten“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Jetzt geht es darum, diesen digitalen Wandel zu verstetigen und nachhaltig zu gestalten. Der Staat und alle seine Institutionen müssen ihre Lehren aus der Corona-Krise ziehen.“ Der Zehn-Punkte-Plan des Bitkom umfasst folgende Vorschläge:

1. Verwaltung konzertiert modernisieren
Die Modernisierung der Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen muss konzertiert erfolgen. Dieser Prozess sollte den Leitprinzipien „digital zuerst“ und „nutzerzentriert“ untergeordnet werden. Das Onlinezugangsgesetz zur Digitalisierung aller 575 Verwaltungsdienstleistungen muss wie avisiert bis 2022 umgesetzt werden.

2. Digitale Demokratie ermöglichen
Parlamente müssen auch in Krisenzeiten voll beschlussfähig bleiben. Daher sollten die rechtlichen Grundlagen für volldigitalisierte Abstimmungen geschaffen werden. In Parteien sollten Satzungen so weiterentwickelt werden, dass Wahl- und Nominierungsverfahren sowie weitere Abstimmungsverfahren online durchgeführt werden können. Die Sicherheit elektronischer Abstimmungen muss dabei an erster Stelle stehen.

3. Rahmenbedingungen für Smart Cities und Smart Regions schaffen
Deutschland benötigt als Smart Country eine erstklassige Infrastruktur. Zur Förderung einer bestmöglichen öffentlichen Daseinsvorsorge sollte ein bundesweites Kompetenzzentrum eingerichtet werden, das sich an digitale Städte und Regionen richtet. Überschuldeten Kommunen sollte ein Schuldenschnitt angeboten werden – unter der Bedingung, dass der gewonnene finanzielle Spielraum für die Digitalisierung genutzt wird. Zudem muss Deutschland stärker in die Netzinfrastruktur von Städten und Gemeinden investieren und smarte Mobilitätsökosysteme zum festen Bestandteil öffentlicher Infrastruktur machen.

4. Öffentliche Beschaffung digitalisieren
Für einen starken digitalen Staat braucht es einen Ende-zu-Ende-digitalisierten Beschaffungsprozess, von der Ausschreibung über die Angebotsvergabe bis zur elektronischen Rechnungsstellung unter Nutzung von E-Vergabeplattformen.

5. Digitale Infrastruktur ausbauen
Der digitale Staat muss Investitionen für einen Infrastruktur-Boost mobilisieren und die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Kommunikationsnetze verbessern. Der Ausbau sollte beschleunigt und entbürokratisiert werden, etwa durch vereinfachte Genehmigungsverfahren, Offenheit für innovative Verlegemethoden und die Bereitstellung öffentlicher Liegenschaften für den Mobilfunkausbau.

6. Den Staat als attraktiven Arbeitgeber weiterentwickeln
Im Wettbewerb um IT-Fachkräfte muss der Staat als Arbeitgeber attraktiver werden und die Durchlässigkeit zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst erleichtern, etwa indem ein unbürokratischer Quereinstieg ermöglicht wird. Neben der Modernisierung von Technologien und Prozessen ist auch ein Wandel in der Organisationsstruktur und -kultur erforderlich. Der Staat sollte seinen Beschäftigten flächendeckend Telearbeit ermöglichen – sowohl mit Blick auf die Ausstattung als auch hinsichtlich der Arbeitsprozesse.

7. Open Government Data nutzbar machen
Der Staat muss Open Data verstärkt bereitstellen und breit nutzbar machen. Ein offener Umgang mit Daten wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor, etwa mit Blick auf die Etablierung und Weiterentwicklung von Schlüsseltechnologien wie Blockchain und Künstlicher Intelligenz. Schnittstellen sollten standardisiert und geöffnet werden, um eine Bereitstellung von Open Government Data über offene Datenformate zu ermöglichen.

8. Ebenenübergreifende Zusammenarbeit stärken
Um Medienbrüche bei der Kommunikation staatlicher Stellen zu vermeiden, sollten technische Standards geschaffen werden. Dafür sollte ein IT-Architekturboard eingerichtet werden, das die gemeinsame Vernetzung und Entwicklung vorantreibt.

9. Sichere digitale Identifizierung ermöglichen
Sichere digitale Authentifizierungs- und Identifizierungswege sind Grundlage für eine effektive Digitalisierung unseres Staates und verhindern erfolgreiche Angriffe. Sorgen zur Sicherheit und zum Datenschutz digitaler Identitätslösungen müssen ernst genommen und adressiert werden. Moderne Verschlüsselungstechnologie erlaubt die Umsetzung eines digitalen Authentifizierungsstandards in vollständiger Anonymität und ohne unerlaubten Datenzugang für Dritte.

10. IT-Sicherheit als Grundlage der Verwaltungsdigitalisierung vorantreiben
Deutschland und Europa sollten Vorreiter in den Schlüsseltechnologien Quantencomputer, Quantenkryptographie und Postquantenkryptographie werden. Im Sinne der digitalen Souveränität sollte für sicherheitskritische Anwendungen ähnlich wie in den USA ein möglichst zeitnaher Umstieg auf Quantencomputer-resistente Verfahren angestrebt werden.

Das vollständige Papier „In 10 Schritten zum digitalen Staat“ steht zum Download bereit unter: https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/In-10-Schritten-zum-digitalen-Staat.

Smart Country Convention: Digitalisierung im Public Sector beschleunigen
Eine digitale Verwaltung und die Entwicklung smarter Städte in Deutschland sind die zentralen Themen der Smart Country Convention. Sie findet in diesem Jahr am 27. und 28. Oktober 2020 als Special Edition virtuell statt und ist eine Kombination aus Kongress und Networking. Am ersten Tag liegt der Fokus auf E-Government und am zweiten Tag auf Smart City. Die Veranstaltung richtet sich an Vertreter von Bund, Ländern, Landkreisen, Städten und Gemeinden sowie nachgeordneten Behörden und kommunalen Unternehmen. Weitere Informationen gibt es unter www.smartcountry.berlin.