Ver-rückte „Alte“ brauchen ver-rückte Unternehmen
Die „Alten“ sind „ver-rückt“ geworden. Sie gehen zu Rockkonzerten und zur Kosmetikerin. Sie feilschen um Prozente bei der Geldanlage und fliegen nach Venedig zum Kaffee trinken. Ihre erste Firma gründen Sie nach der Pensionierung. Mit 54 laufen sie den ersten Marathonlauf. Mit 58 heiraten sie zum dritten Mal und wollen Kinder. Ihren ersten PC kaufen sie mit 65 bei Aldi. Bei eBay ersteigern sie ihren iPod. Mit 80 kaufen sie ihr erstes Cabrio und als 96jährige wirbt eine Ur-Oma als Model für eine Kosmetikserie. Mit verstaubten Marketingkonzepten lassen sich diese Menschen nicht mehr beeindrucken. Wer nur ihr Geld will, verliert. Sie sind Kaufexperten und tolerieren keine Missachtung ihrer Wünsche. Austauschbare Alten-Produkte lehnen sie ab. Seniorenteller mögen sie nicht. Der Besuch bei der Bank ist langweilig und mit Kaffee-Nachmittagen lassen sie sich nicht ködern. Sie verlangen Respekt. Sie wollen ernst genommen werden. Wer ehrlich und zuverlässig ist, dem vertrauen sie. Wer ihre Bedürfnisse berücksichtigt und ihre Probleme löst, kann ihre unangefochtene Nummer 1 werden.
Wie werden Alte behandelt?
Stellen Sie sich vor: Sie malen sich Runzeln ins Gesicht. Sie stülpen sich eine Perücke über und zwängen sich in ein schweres Korsett. Als grauhaarige Alte schleppen Sie sich durch verschiedene Städte. Zur 80-Jährigen verkleidet wollen Sie es selbst erleben: Wie werden Alte behandelt? Eine 35-Jährige hat genau das getan. Sie entdeckte Schmerzhaftes: Alte werden ausgelacht, rumgeschubst, gedemütigt und gekränkt. Für voll nimmt sie kaum einer. Sie werden behandelt, als könnten sie nicht bis zwei zählen. Ein Mitspracherecht haben sie nicht. Ihre Meinung will keiner hören. Die Jungen entscheiden. Man wirft den Alten Geld vor die Füße: Renten, Sozialleistungen. „Da nehmt – und schweigt.“ In der Politik will sie keiner. Die Parlamente treiben Alterspolitik – ohne die Alten. Umhätschelt werden sie vor Wahlen. Kandidaten besuchen Altenheime, Parteien servieren Kuchen und Tee, schütteln Hände und geloben Gutes. Die Alten sind Stimmenlieferanten. Nach den Wahlen sind sie vergessen. Die Jungen behandeln sie als abgeschlaffte Taugenichtse, verkalkt und ewig krank. Man behandelt die Betagten wie Unmündige. Man spricht mit ihnen wie mit Kindern.
Wir alle werden dazu gehören. Wir sind die Alten von morgen. Diejenigen, die ausgestoßen und rumgeschubst werden. Für die im Bus keiner mehr den Platz freimacht. Die nur noch stören und auf deren Ablaufdatum die Jungen warten. Aber, den Alten könnte bald der Kragen platzen. Sie gewinnen die Oberhand. Sie werden Politik und Wirtschaft dominieren. An den Alten kommt bald keiner mehr vorbei.
Die Alten kommen.
Dass die Bedeutung älterer Menschen für Unternehmen überragend ist, zeigen bereits diese Zahlen: Die Generation 50plus in Deutschland verfügt über 175 Milliarden Euro Kaufkraft jährlich, über 50 Prozent des verfügbaren Einkommens und besitzt 75 Prozent der Vermögenswerte. Ihre monatliche Kaufkraft ist höher als die der 19 – 49-Jährigen. Bei vielen Unternehmen ist die Hälfte aller Kunden schon heute über 50. 80 Prozent der Einlagen bei Banken werden von über 50-Jährigen unterhalten. Sie kaufen bis zu 80 Prozent der teuren Autos und 50 Prozent aller Kosmetika. Das Durchschnittsalter der Kunden bei Harley Davidson liegt bei 55 Jahren. Außerdem gilt: Wer heute einen über 50-Jährigen als Kunden gewinnt, kann mit diesem – anders als vor etlichen Jahren – noch 30 Jahre Geschäfte machen.
So nicht. Bei den Alten chancenlos.
In vielen Unternehmen werden ältere Mitarbeiter nach wie vor vorzeitig in den Ruhestand abgeschoben, während die Konkurrenz Ältere aktiv umwirbt und einstellt. Weil aber gerade ältere Menschen mehr auf der Beziehungs-, denn auf der Sachebene entscheiden, sollte älteren Mitarbeitern deren Beratung und Betreuung überlassen werden. Eine Verkaufskultur, die den Menschen ernst nimmt, ihn respekt- und würdevoll behandelt, fällt unter Gleichaltrigen leichter. Im Jugendmarketing kommt schließlich auch keiner auf die Idee, einen 56-Jährigen einzusetzen. Dennoch glauben viele Unternehmer, dass ein 28-jähriger Mitarbeiter fähig ist, sich in die Lage eines 72-jährigen Kunden zu versetzen. Ein folgenschwerer Trugschluss, denn die heutigen ‚Alten‘, die informiert, mündig, streit- und wechselbereit sind, wollen alters- und menschengerecht behandelt werden. Werden ihre Vorstellungen nicht erfüllt, kommen sie nicht mehr, wie folgende Beispiele unsensiblen Verkaufsverhaltens zeigen.
Eine ältere Dame kommt zur Bank. Seit wenigen Wochen ist sie Witwe. Sie legt ein Sparbuch mit 250.000 Euro Guthaben vor. Es ist auf ihren und den Namen des verstorbenen Mannes ausgestellt. Sie will es umgeschrieben haben. Was macht der Bank-Mitarbeiter? Er nimmt einen dicken schwarzen Filzstift. Damit streicht er den Namen des Mannes durch. Die ältere Dame ist tief in ihren Gefühlen verletzt. Sie kündigt ihre über 40-jährige Geschäftsverbindung.
Ein 62-Jähriger geht um 11.50 Uhr zum Optiker. Er will eine neue Brille kaufen. Vorher sollen die Augen getestet werden. Der Geschäftsinhaber blickt auf die Uhr. Um 12.00 Uhr ist Mittagspause. Die Zeit reicht nicht für Augentest und Verkaufsgespräch. Er bittet den Kunden, um 14.30 Uhr wieder zu kommen. Der Mann ist verärgert. Er geht in ein anderes Geschäft und kauft für 1.200 Euro eine neue Brille.
Wenn in einem Gourmet-Restaurant Rotwein ins benutzte Weißweinglas nachgefüllt wird, wenn im 4-Sterne-Hotel der 68-jährige Gast seine Koffer selbst tragen muss, wenn am Flughafen der Kaffee für 4,00 Euro im Pappbecher abgefüllt wird, wenn eine schriftliche Beschwerde erst nach 3 Monaten beantwortet wird und wenn im Baumarkt keine Toiletten für Kunden zur Verfügung stehen, dann sind das für ältere Menschen K.O.-Kriterien. So lassen sie sich nicht behandeln. Ältere Kunden sind gnadenlos und brutal. Sie sind selten laut, eher heimtückisch. Werden ihre Bedürfnisse nicht befriedigt, kommen sie einfach nicht mehr.
Wertschöpfung durch Wertschätzung
Unternehmen, die bei der Generation 50plus punkten wollen, brauchen nicht nur eine altersgerechte Geschäftspolitik – sie brauchen auch Mitarbeiter, die gute Antworten auf Fragen finden wie: „Warum sollen wir Älteren ausgerechnet bei Ihnen kaufen und nicht bei Ihrer Konkurrenz?“ Es gilt, älteren Kunden Kaufgründe zu liefern. Das können „Kleinigkeiten“ sein, wie erreichbare Toiletten im Erdgeschoß, eine Taschenablage am Schalter, gezielte Verkürzung von Wartezeiten, Sitzgelegenheiten, eine einfache Sprache, Zeit haben und Zuhören, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, lesbare Formulare, Bereitstellung von Brillen, gebührenfreies Ausfüllen von Belegen und eine Telefon-Hotline bei Problemen. Bedeutsam ist auch die Frage: „Wie erhält unser Service für ältere Kunden ein unverwechselbares Image, damit sie etwas Begeisterndes, Überraschendes, Einmaliges erleben?“ Lassen Sie die Geschäftsräume von älteren Menschen kritisch begutachten und beseitigen Sie alle Hindernisse wie Stolperstellen, Drehtüren, störende Lichtreflexe und Geräuscheffekte oder klein geschriebene Orientierungshilfen. Bauen sie Filialen zu Begegnungsstätten aus. Machen Sie Ihr Geschäft mobil. Verstärken Sie Ihren Außendienst. Richten Sie eine Betreuung in Altenheimen oder spezielle Konten mit Bringservice ein. Starten Sie ein permanentes Sensibilisierungsprogramm für das Verhalten gegenüber Älteren. Altersgerechte Kundenorientierung ist ein geistiger Prozess, eine Einstellungsfrage, die das Vorbild der Unternehmensführung braucht.
Um die persönliche Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern, sind auch ganz neue Leistungen erforderlich, die die besonderen Interessen von älteren Menschen berücksichtigen, wie zum Beispiel Wohnen, Reisen, Kommunikation, soziale Beziehungen, Kultur, Weiterbildung und Sicherheit. Zukunftsforscher Professor Dr. Horst Opaschowski bringt es auf den Punkt: „Wer am 175 Milliarden-Euro-Markt teilhaben will, muss sich den Bedürfnissen der älteren Menschen anpassen und eine doppelte Dienstleistung erbringen: erstens den erworbenen Lebensstandard sichern (zum Beispiel durch Alltagsprodukte, Versicherungen, Aktien, Immobilien usw.) und zugleich zweitens die ganz persönliche Lebensqualität (zum Beispiel durch Kulturangebote, Gesundheitsdienste, Reiseservice usw.) verbessern helfen.“
Am Beispiel Sicherheit lässt sich demonstrieren, wie durch Spezialistenwissen sowie durch Aufbau und Koordinierung eines Experten-Netzwerkes ein Wettbewerbsvorsprung erzielt werden kann. Konzentriert sich ein Mitarbeiter einer Bank oder Versicherung statt auf Baufinanzierung oder -versicherung auf „Wohn-Sicherheit“, könnte er seinem Kunden die Analyse der Sicherheitslage anbieten oder ihn durch Sicherheitskräfte beraten lassen. Er könnte Produktempfehlungen geben und Adressen zur Verfügung stellen. Auf diese Weise verbindet er die Sicherung des Lebensstandards seines Kunden mit einem Beitrag zur Problemlösung und Verbesserung der persönlichen Lebensqualität.
Mehr-Wert für Menschen.
Die klassische materielle Kundensegmentierung übersieht die wirklichen Probleme und Bedürfnisse bei älteren Menschen. Es ist ein Unterschied, ob es sich um ein reiselustiges Ehepaar Mitte 50, die 68-jährige allein stehende Witwe oder einen 83-Jährigen handelt, der vor der Übersiedelung in ein Seniorenstift steht. Für das Ehepaar kann der Wechsel des Mannes in den Vorruhestand das größte Problem sein. Die allein stehende Witwe strebt möglicherweise nach dem Tod ihres Mannes Ordnung in ihren Finanzen an. Der größte Wunsch des 83-Jährigen ist vielleicht die abschließende Regelung seiner gesamten Hinterlassenschaft und der Verkauf seiner Villa. Wer ältere Menschen in ihren Lebensinteressen problemlösend unterstützt, hat die Nase vorn. Menschen wollen Sicherheit, keine Lebensversicherung. Sie wollen Lebensqualität, keine Seniorenreise. Sie suchen soziale Beziehungen, keine Kaffeefahrt. Sie wollen ein sicheres Haus, keinen Feuermelder. Wer sich auf konkrete Probleme konzentriert, findet Lösungen, die für den Menschen wichtig sind. Um die persönliche Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern sind eben andere Leistungen als Seniorenprodukte erforderlich
Seniorenbegleitung für Reisen, Kultur und Alltag ist ein Ansatz zu helfen, immer dann, wenn es um die Verbesserung der Lebensqualität geht. Das Leben weiterhin selbst gestalten. Solange in den eigenen vier Wänden leben wie möglich. Oder Beratung zum Thema Wohnen, Ernährung oder Gesundheit, Fahrten mit dem Auto, gemeinsame Aktivitäten oder Vermittlung von bewährten Helfern.
Die 50plus Supermärkte von ADEG in Österreich sind speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen abgestimmt. Das Konzept bietet folgende Servicevorteile: Alle Mitarbeiter sind älter als 50. Sie haben die Erfahrung und Verständnis für die Wünsche ihrer Kunden. Rutschfeste Böden sorgen für mehr Sicherheit. Ein spezielles Lichtkonzept erzeugt eine helle und freundliche Atmosphäre. Das eigens entwickelte System der Regalordnung ist übersichtlich und erspart langes Suchen. Die besten Sonderangebote sind gut gekennzeichnet und an fixen Plätzen positioniert. Alle Waren sind in leicht erreichbarer Höhe angeordnet. Die Preise sind auf Grund von größeren und besser lesbaren Regaletiketten auch aus größerer Entfernung gut zu erkennen. Die Lupe an den Regalen ist praktisch für das "Kleingedruckte" oder falls man seine Brille zu Hause vergessen hat. Laufende Verkostungen ermöglichen das Testen der Produktqualität. Ein Blutdruckmessgerät steht für den kleinen Gesundheits-Check gratis zur Verfügung. Die besonders leicht rollenden Einkaufswägen sind mit Bremsen ausgestattet und verfügen über Sitzgelegenheiten und eine Ablage für den Einkaufszettel. Zum Ausruhen stehen Sitzbänke bereit. Die breiten Parkplätze in der hell beleuchteten Garage erleichtern das Ein- und Ausladen und schaffen Bequemlichkeit.
Eine Chance für Banken, Versicherer, Makler, die sich vom Wettbewerb unterscheiden wollen: Ein konkretes Kundenproblem ist das fehlende Testament. 70 Prozent der Deutschen haben Untersuchungen zufolge kein Testament. Dabei ist gerade für ältere Menschen die Regelung ihrer Erbangelegenheiten ein wichtiger Teil ihrer Lebensplanung. Sie sind daran interessiert, zu Lebzeiten für eine geordnete, rechtlich und steuerlich einwandfreie Vermögensübergabe zu sorgen, um Streitigkeiten zwischen den Erben auszuschließen. Ein geeigneter Mitarbeiter könnte umfassende Hilfestellung leisten. Besonders dann, wenn er sich ein Netz an Kooperationspartnern - Notare, Steuerberater, Anwälte, Immobilienmakler, Unternehmensnachfolge- und Mietrechtsexperten - aufbaut. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind weitere Schwerpunkte, die er besetzen könnte. Immer noch ist wenig bekannt, dass niemand aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses stellvertretend für einen anderen Menschen Entscheidungen treffen kann, wenn dieser dazu nicht mehr in der Lage ist. Selbst unter Ehegatten gilt dies nicht zwangsläufig. Banken, Versicherer, Makler sollten Informationsmaterial und Musterverträge zur Verfügung stellen. Bedeutung gewinnt auch die Tatsache, dass immer mehr Erblasser ohne Erben sind. Für Berater ein neues Betätigungsfeld. Dabei kann die Unterstützung bei der Suche nach „erbwürdigen“ Organisationen genauso eine Rolle spielen wie die Hilfe zur Lebensgestaltung, zum Beispiel durch Freizeit-Management, Einkaufsberatung oder die Vermittlung von in- und ausländischem Betreuungspersonal für pflegebedürftige Menschen.
1998 wurde der erste Senioren-Umzugs-Service (SUS) in Deutschland gegründet - speziell für Menschen ab 60. Bei einem Seniorenumzug werden nicht nur Möbelstücke, sondern ganze Lebensgeschichten bewegt. Die Mitarbeiter beraten mit Einfühlungsvermögen und stellen ein umfassendes Servicepaket für den Umzug zusammen. Bausteine sind Ausmessen, Packen, Elektroarbeiten, Tischlerarbeiten, Ab- und Aufbau, Anschluss von Elektro- und EDV-Geräten, Unterstützung bei der seniorengerechten Einrichtung usw. Speziell geschulte Teams führen die Arbeiten fachgerecht aus. Sicherheit steht an vorderster Stelle. Auf Wunsch werden die Gegebenheiten in der neuen Wohnung überprüft und zum Beispiel rutschfeste Unterlagen und andere Hilfsmittel angebracht. Beim Umzug sind sorgfältige Verpackung, behutsamer Transport und ein ausreichender Versicherungsschutz selbstverständlich. Renovierungsarbeiten, Verkauf von Antiquariaten, Erledigung von Formalitäten bis hin zur Wohnungsauflösung gehören zum Leistungsangebot.
Profitieren Sie von der Demografie. Die ver-rückten „Alten“ bieten hervorragende Chancen für innovative Unternehmen. Viele Firmen versinken im Mittelmaß und stecken in der Preis- und Austauschbarkeitsfalle. Mit allen negativen Konsequenzen für das Ergebnis und die Wettbewerbsfähigkeit. Steigen Sie aus dem Wettbewerb aus, in dem sich alle tummeln. Gestalten Sie Leistungserlebnisse für die einzige wachsende Zielgruppe.
Literatur
Muthers, Helmut; Ronzal, Wolfgang: Wettlauf um die Alten, Gabler, 2007, 30 Minuten für „ver-rückte“ Unternehmer, GABAL, 2008
Helmut Muthers, Betriebswirt, Speaker und Business-Motivator, Best-Ager, seit 1994 selbstständig als Experte für Strategien 50plus und neue Geschäftsfelder. Als 57-Jähriger weiß Helmut Muthers wovon er redet, wenn er über den demografischen Wandel und die Chancen für Unternehmen spricht. Als mitreißender, begeisternder Redner und Seminarleiter hat er sich mit mehr als 800 Auftritten einen Namen gemacht. Helmut Muthers ist Praktiker und begleitet aufgeschlossene Unternehmen bei der Gestaltung neuer Leistungen und Problemlösungen für ältere Kunden. Vor seiner Selbstständigkeit war er in Führungspositionen im Marketing, Vertrieb und Personalmanagement. Zuletzt hat er als Vorstand 8 Jahre Banken saniert.
Ansprechpartner
Helmut Muthers
Strategisches Chancen-Management
Schloss Allner
Schlossstr. 18
D-53773 Hennef (Sieg)
0049 170 3197749
www.muthers.de
helmut@muthers.de
Wie werden Alte behandelt?
Stellen Sie sich vor: Sie malen sich Runzeln ins Gesicht. Sie stülpen sich eine Perücke über und zwängen sich in ein schweres Korsett. Als grauhaarige Alte schleppen Sie sich durch verschiedene Städte. Zur 80-Jährigen verkleidet wollen Sie es selbst erleben: Wie werden Alte behandelt? Eine 35-Jährige hat genau das getan. Sie entdeckte Schmerzhaftes: Alte werden ausgelacht, rumgeschubst, gedemütigt und gekränkt. Für voll nimmt sie kaum einer. Sie werden behandelt, als könnten sie nicht bis zwei zählen. Ein Mitspracherecht haben sie nicht. Ihre Meinung will keiner hören. Die Jungen entscheiden. Man wirft den Alten Geld vor die Füße: Renten, Sozialleistungen. „Da nehmt – und schweigt.“ In der Politik will sie keiner. Die Parlamente treiben Alterspolitik – ohne die Alten. Umhätschelt werden sie vor Wahlen. Kandidaten besuchen Altenheime, Parteien servieren Kuchen und Tee, schütteln Hände und geloben Gutes. Die Alten sind Stimmenlieferanten. Nach den Wahlen sind sie vergessen. Die Jungen behandeln sie als abgeschlaffte Taugenichtse, verkalkt und ewig krank. Man behandelt die Betagten wie Unmündige. Man spricht mit ihnen wie mit Kindern.
Wir alle werden dazu gehören. Wir sind die Alten von morgen. Diejenigen, die ausgestoßen und rumgeschubst werden. Für die im Bus keiner mehr den Platz freimacht. Die nur noch stören und auf deren Ablaufdatum die Jungen warten. Aber, den Alten könnte bald der Kragen platzen. Sie gewinnen die Oberhand. Sie werden Politik und Wirtschaft dominieren. An den Alten kommt bald keiner mehr vorbei.
Die Alten kommen.
Dass die Bedeutung älterer Menschen für Unternehmen überragend ist, zeigen bereits diese Zahlen: Die Generation 50plus in Deutschland verfügt über 175 Milliarden Euro Kaufkraft jährlich, über 50 Prozent des verfügbaren Einkommens und besitzt 75 Prozent der Vermögenswerte. Ihre monatliche Kaufkraft ist höher als die der 19 – 49-Jährigen. Bei vielen Unternehmen ist die Hälfte aller Kunden schon heute über 50. 80 Prozent der Einlagen bei Banken werden von über 50-Jährigen unterhalten. Sie kaufen bis zu 80 Prozent der teuren Autos und 50 Prozent aller Kosmetika. Das Durchschnittsalter der Kunden bei Harley Davidson liegt bei 55 Jahren. Außerdem gilt: Wer heute einen über 50-Jährigen als Kunden gewinnt, kann mit diesem – anders als vor etlichen Jahren – noch 30 Jahre Geschäfte machen.
So nicht. Bei den Alten chancenlos.
In vielen Unternehmen werden ältere Mitarbeiter nach wie vor vorzeitig in den Ruhestand abgeschoben, während die Konkurrenz Ältere aktiv umwirbt und einstellt. Weil aber gerade ältere Menschen mehr auf der Beziehungs-, denn auf der Sachebene entscheiden, sollte älteren Mitarbeitern deren Beratung und Betreuung überlassen werden. Eine Verkaufskultur, die den Menschen ernst nimmt, ihn respekt- und würdevoll behandelt, fällt unter Gleichaltrigen leichter. Im Jugendmarketing kommt schließlich auch keiner auf die Idee, einen 56-Jährigen einzusetzen. Dennoch glauben viele Unternehmer, dass ein 28-jähriger Mitarbeiter fähig ist, sich in die Lage eines 72-jährigen Kunden zu versetzen. Ein folgenschwerer Trugschluss, denn die heutigen ‚Alten‘, die informiert, mündig, streit- und wechselbereit sind, wollen alters- und menschengerecht behandelt werden. Werden ihre Vorstellungen nicht erfüllt, kommen sie nicht mehr, wie folgende Beispiele unsensiblen Verkaufsverhaltens zeigen.
Eine ältere Dame kommt zur Bank. Seit wenigen Wochen ist sie Witwe. Sie legt ein Sparbuch mit 250.000 Euro Guthaben vor. Es ist auf ihren und den Namen des verstorbenen Mannes ausgestellt. Sie will es umgeschrieben haben. Was macht der Bank-Mitarbeiter? Er nimmt einen dicken schwarzen Filzstift. Damit streicht er den Namen des Mannes durch. Die ältere Dame ist tief in ihren Gefühlen verletzt. Sie kündigt ihre über 40-jährige Geschäftsverbindung.
Ein 62-Jähriger geht um 11.50 Uhr zum Optiker. Er will eine neue Brille kaufen. Vorher sollen die Augen getestet werden. Der Geschäftsinhaber blickt auf die Uhr. Um 12.00 Uhr ist Mittagspause. Die Zeit reicht nicht für Augentest und Verkaufsgespräch. Er bittet den Kunden, um 14.30 Uhr wieder zu kommen. Der Mann ist verärgert. Er geht in ein anderes Geschäft und kauft für 1.200 Euro eine neue Brille.
Wenn in einem Gourmet-Restaurant Rotwein ins benutzte Weißweinglas nachgefüllt wird, wenn im 4-Sterne-Hotel der 68-jährige Gast seine Koffer selbst tragen muss, wenn am Flughafen der Kaffee für 4,00 Euro im Pappbecher abgefüllt wird, wenn eine schriftliche Beschwerde erst nach 3 Monaten beantwortet wird und wenn im Baumarkt keine Toiletten für Kunden zur Verfügung stehen, dann sind das für ältere Menschen K.O.-Kriterien. So lassen sie sich nicht behandeln. Ältere Kunden sind gnadenlos und brutal. Sie sind selten laut, eher heimtückisch. Werden ihre Bedürfnisse nicht befriedigt, kommen sie einfach nicht mehr.
Wertschöpfung durch Wertschätzung
Unternehmen, die bei der Generation 50plus punkten wollen, brauchen nicht nur eine altersgerechte Geschäftspolitik – sie brauchen auch Mitarbeiter, die gute Antworten auf Fragen finden wie: „Warum sollen wir Älteren ausgerechnet bei Ihnen kaufen und nicht bei Ihrer Konkurrenz?“ Es gilt, älteren Kunden Kaufgründe zu liefern. Das können „Kleinigkeiten“ sein, wie erreichbare Toiletten im Erdgeschoß, eine Taschenablage am Schalter, gezielte Verkürzung von Wartezeiten, Sitzgelegenheiten, eine einfache Sprache, Zeit haben und Zuhören, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, lesbare Formulare, Bereitstellung von Brillen, gebührenfreies Ausfüllen von Belegen und eine Telefon-Hotline bei Problemen. Bedeutsam ist auch die Frage: „Wie erhält unser Service für ältere Kunden ein unverwechselbares Image, damit sie etwas Begeisterndes, Überraschendes, Einmaliges erleben?“ Lassen Sie die Geschäftsräume von älteren Menschen kritisch begutachten und beseitigen Sie alle Hindernisse wie Stolperstellen, Drehtüren, störende Lichtreflexe und Geräuscheffekte oder klein geschriebene Orientierungshilfen. Bauen sie Filialen zu Begegnungsstätten aus. Machen Sie Ihr Geschäft mobil. Verstärken Sie Ihren Außendienst. Richten Sie eine Betreuung in Altenheimen oder spezielle Konten mit Bringservice ein. Starten Sie ein permanentes Sensibilisierungsprogramm für das Verhalten gegenüber Älteren. Altersgerechte Kundenorientierung ist ein geistiger Prozess, eine Einstellungsfrage, die das Vorbild der Unternehmensführung braucht.
Um die persönliche Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern, sind auch ganz neue Leistungen erforderlich, die die besonderen Interessen von älteren Menschen berücksichtigen, wie zum Beispiel Wohnen, Reisen, Kommunikation, soziale Beziehungen, Kultur, Weiterbildung und Sicherheit. Zukunftsforscher Professor Dr. Horst Opaschowski bringt es auf den Punkt: „Wer am 175 Milliarden-Euro-Markt teilhaben will, muss sich den Bedürfnissen der älteren Menschen anpassen und eine doppelte Dienstleistung erbringen: erstens den erworbenen Lebensstandard sichern (zum Beispiel durch Alltagsprodukte, Versicherungen, Aktien, Immobilien usw.) und zugleich zweitens die ganz persönliche Lebensqualität (zum Beispiel durch Kulturangebote, Gesundheitsdienste, Reiseservice usw.) verbessern helfen.“
Am Beispiel Sicherheit lässt sich demonstrieren, wie durch Spezialistenwissen sowie durch Aufbau und Koordinierung eines Experten-Netzwerkes ein Wettbewerbsvorsprung erzielt werden kann. Konzentriert sich ein Mitarbeiter einer Bank oder Versicherung statt auf Baufinanzierung oder -versicherung auf „Wohn-Sicherheit“, könnte er seinem Kunden die Analyse der Sicherheitslage anbieten oder ihn durch Sicherheitskräfte beraten lassen. Er könnte Produktempfehlungen geben und Adressen zur Verfügung stellen. Auf diese Weise verbindet er die Sicherung des Lebensstandards seines Kunden mit einem Beitrag zur Problemlösung und Verbesserung der persönlichen Lebensqualität.
Mehr-Wert für Menschen.
Die klassische materielle Kundensegmentierung übersieht die wirklichen Probleme und Bedürfnisse bei älteren Menschen. Es ist ein Unterschied, ob es sich um ein reiselustiges Ehepaar Mitte 50, die 68-jährige allein stehende Witwe oder einen 83-Jährigen handelt, der vor der Übersiedelung in ein Seniorenstift steht. Für das Ehepaar kann der Wechsel des Mannes in den Vorruhestand das größte Problem sein. Die allein stehende Witwe strebt möglicherweise nach dem Tod ihres Mannes Ordnung in ihren Finanzen an. Der größte Wunsch des 83-Jährigen ist vielleicht die abschließende Regelung seiner gesamten Hinterlassenschaft und der Verkauf seiner Villa. Wer ältere Menschen in ihren Lebensinteressen problemlösend unterstützt, hat die Nase vorn. Menschen wollen Sicherheit, keine Lebensversicherung. Sie wollen Lebensqualität, keine Seniorenreise. Sie suchen soziale Beziehungen, keine Kaffeefahrt. Sie wollen ein sicheres Haus, keinen Feuermelder. Wer sich auf konkrete Probleme konzentriert, findet Lösungen, die für den Menschen wichtig sind. Um die persönliche Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern sind eben andere Leistungen als Seniorenprodukte erforderlich
Seniorenbegleitung für Reisen, Kultur und Alltag ist ein Ansatz zu helfen, immer dann, wenn es um die Verbesserung der Lebensqualität geht. Das Leben weiterhin selbst gestalten. Solange in den eigenen vier Wänden leben wie möglich. Oder Beratung zum Thema Wohnen, Ernährung oder Gesundheit, Fahrten mit dem Auto, gemeinsame Aktivitäten oder Vermittlung von bewährten Helfern.
Die 50plus Supermärkte von ADEG in Österreich sind speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen abgestimmt. Das Konzept bietet folgende Servicevorteile: Alle Mitarbeiter sind älter als 50. Sie haben die Erfahrung und Verständnis für die Wünsche ihrer Kunden. Rutschfeste Böden sorgen für mehr Sicherheit. Ein spezielles Lichtkonzept erzeugt eine helle und freundliche Atmosphäre. Das eigens entwickelte System der Regalordnung ist übersichtlich und erspart langes Suchen. Die besten Sonderangebote sind gut gekennzeichnet und an fixen Plätzen positioniert. Alle Waren sind in leicht erreichbarer Höhe angeordnet. Die Preise sind auf Grund von größeren und besser lesbaren Regaletiketten auch aus größerer Entfernung gut zu erkennen. Die Lupe an den Regalen ist praktisch für das "Kleingedruckte" oder falls man seine Brille zu Hause vergessen hat. Laufende Verkostungen ermöglichen das Testen der Produktqualität. Ein Blutdruckmessgerät steht für den kleinen Gesundheits-Check gratis zur Verfügung. Die besonders leicht rollenden Einkaufswägen sind mit Bremsen ausgestattet und verfügen über Sitzgelegenheiten und eine Ablage für den Einkaufszettel. Zum Ausruhen stehen Sitzbänke bereit. Die breiten Parkplätze in der hell beleuchteten Garage erleichtern das Ein- und Ausladen und schaffen Bequemlichkeit.
Eine Chance für Banken, Versicherer, Makler, die sich vom Wettbewerb unterscheiden wollen: Ein konkretes Kundenproblem ist das fehlende Testament. 70 Prozent der Deutschen haben Untersuchungen zufolge kein Testament. Dabei ist gerade für ältere Menschen die Regelung ihrer Erbangelegenheiten ein wichtiger Teil ihrer Lebensplanung. Sie sind daran interessiert, zu Lebzeiten für eine geordnete, rechtlich und steuerlich einwandfreie Vermögensübergabe zu sorgen, um Streitigkeiten zwischen den Erben auszuschließen. Ein geeigneter Mitarbeiter könnte umfassende Hilfestellung leisten. Besonders dann, wenn er sich ein Netz an Kooperationspartnern - Notare, Steuerberater, Anwälte, Immobilienmakler, Unternehmensnachfolge- und Mietrechtsexperten - aufbaut. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind weitere Schwerpunkte, die er besetzen könnte. Immer noch ist wenig bekannt, dass niemand aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses stellvertretend für einen anderen Menschen Entscheidungen treffen kann, wenn dieser dazu nicht mehr in der Lage ist. Selbst unter Ehegatten gilt dies nicht zwangsläufig. Banken, Versicherer, Makler sollten Informationsmaterial und Musterverträge zur Verfügung stellen. Bedeutung gewinnt auch die Tatsache, dass immer mehr Erblasser ohne Erben sind. Für Berater ein neues Betätigungsfeld. Dabei kann die Unterstützung bei der Suche nach „erbwürdigen“ Organisationen genauso eine Rolle spielen wie die Hilfe zur Lebensgestaltung, zum Beispiel durch Freizeit-Management, Einkaufsberatung oder die Vermittlung von in- und ausländischem Betreuungspersonal für pflegebedürftige Menschen.
1998 wurde der erste Senioren-Umzugs-Service (SUS) in Deutschland gegründet - speziell für Menschen ab 60. Bei einem Seniorenumzug werden nicht nur Möbelstücke, sondern ganze Lebensgeschichten bewegt. Die Mitarbeiter beraten mit Einfühlungsvermögen und stellen ein umfassendes Servicepaket für den Umzug zusammen. Bausteine sind Ausmessen, Packen, Elektroarbeiten, Tischlerarbeiten, Ab- und Aufbau, Anschluss von Elektro- und EDV-Geräten, Unterstützung bei der seniorengerechten Einrichtung usw. Speziell geschulte Teams führen die Arbeiten fachgerecht aus. Sicherheit steht an vorderster Stelle. Auf Wunsch werden die Gegebenheiten in der neuen Wohnung überprüft und zum Beispiel rutschfeste Unterlagen und andere Hilfsmittel angebracht. Beim Umzug sind sorgfältige Verpackung, behutsamer Transport und ein ausreichender Versicherungsschutz selbstverständlich. Renovierungsarbeiten, Verkauf von Antiquariaten, Erledigung von Formalitäten bis hin zur Wohnungsauflösung gehören zum Leistungsangebot.
Profitieren Sie von der Demografie. Die ver-rückten „Alten“ bieten hervorragende Chancen für innovative Unternehmen. Viele Firmen versinken im Mittelmaß und stecken in der Preis- und Austauschbarkeitsfalle. Mit allen negativen Konsequenzen für das Ergebnis und die Wettbewerbsfähigkeit. Steigen Sie aus dem Wettbewerb aus, in dem sich alle tummeln. Gestalten Sie Leistungserlebnisse für die einzige wachsende Zielgruppe.
Literatur
Muthers, Helmut; Ronzal, Wolfgang: Wettlauf um die Alten, Gabler, 2007, 30 Minuten für „ver-rückte“ Unternehmer, GABAL, 2008
Helmut Muthers, Betriebswirt, Speaker und Business-Motivator, Best-Ager, seit 1994 selbstständig als Experte für Strategien 50plus und neue Geschäftsfelder. Als 57-Jähriger weiß Helmut Muthers wovon er redet, wenn er über den demografischen Wandel und die Chancen für Unternehmen spricht. Als mitreißender, begeisternder Redner und Seminarleiter hat er sich mit mehr als 800 Auftritten einen Namen gemacht. Helmut Muthers ist Praktiker und begleitet aufgeschlossene Unternehmen bei der Gestaltung neuer Leistungen und Problemlösungen für ältere Kunden. Vor seiner Selbstständigkeit war er in Führungspositionen im Marketing, Vertrieb und Personalmanagement. Zuletzt hat er als Vorstand 8 Jahre Banken saniert.
Ansprechpartner
Helmut Muthers
Strategisches Chancen-Management
Schloss Allner
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0049 170 3197749
www.muthers.de
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