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Geomarketing - Eine neue Dimension im Direktmarketing

Eine der ältesten Wahrheiten im Direktmarketing besagt, dass die Ansprache der richtigen Adressen der wichtigste Erfolgsfaktor ist. (Buchbeitrag)
Christian Huldi | 12.11.2008

Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Dialog-Marketing http://www.marketing-boerse.de/Info/details/LeitfadenDM http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3000239251/absolit/028-2842597-1070167/absolit

 

Eine der ältesten (Binsen-) Wahrheiten im Direktmarketing besagt, dass die Ansprache der richtigen Adressen (Zielgruppen) der wichtigste Erfolgsfaktor schlechthin ist. Als ein spannender Ansatz mit viel Potenzial erweist sich dabei das Geomarketing. Dabei „sagen Bilder nicht nur mehr als eintausend Worte“ – vielmehr ermöglicht die geografische Markt- und Performanceanalyse ungeahnte neue Möglichkeiten. Setzt die Marketing- und Unternehmensstrategie auf „Geo“, winken schnell steigende Renditen und wachsende Erträge.

Insbesondere wenn kartografische Merkmale mit den Unternehmens- und Marktdaten verbunden werden, eröffnen sich neue und interessante Perspektiven. Denn die (Direkt-)Marketing-, Vertriebs- und Unternehmensleitung erkennt so Optimierungspotenziale in der Marktbearbeitung auf einen Blick. Mehr als virtuelle Stecknadelkarten Als „frühzeitliche“ Methode des Geomarketings kennt man die Stecknadelkarte an der Wand, auf der die Standorte der Kunden und/oder der Konkurrenten abgesteckt wurden. In einer ganz anderen Liga spielt heute das moderne Geomarketing. Zwar geht es immer noch um die Visualisierung von Marktgegebenheiten mittels Karten, doch hinter einfachen Karten stecken heute mannigfaltige Zusatzinformationen, wie zum Beispiel Kaufkraftklassen und Altersverteilungen. Auf diese Weise lassen sich mittels Karten nicht nur geografische Gegebenheiten grafisch darstellen.

Geomarketing veranschaulicht die Fakten und hilft die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dabei werden unternehmenseigene Daten mit Bevölkerungs-, Wirtschafts- und räumlichen Daten auf Basis eines geografischen Informationssystems (GIS) verknüpft. So vereint man punktgenau auf einen Blick komplexe wirtschaftliche und sozioökonomische Zusammenhänge in leicht verständlicher Kartendarstellung. Beispielsweise stellen die Abfrage- und Visualisierungsmöglichkeiten die regionale Verteilung von Kunden oder Nicht-Kunden anschaulich dar. Auf dieser Basis lässt sich auch das Marktpotenzial im gewünschten Verkaufsgebiet ersehen, beispielsweise, wie ist die Erreichbarkeit der eigenen Filialen und/oder wie verhalten sich Fußgängerströme. Selbstverständlich lässt sich auch feststellen, wo mögliche neue vielversprechende Standorte gesucht werden sollen. Geomarketing als Basis strategischer Entscheide Geomarketing hilft der Geschäfts-, Marketing- und Vertriebsleitung bei folgenden zwei strategischen Fragestellungen: Standort-Bewertung: Hier steht die Frage im Zentrum, wo großes Zielgruppen-Potenzial brach liegt.

Die sogenannte Penetrations-Karte zeigt die unternehmenseigenen Stärken und Schwächen und schafft damit die Voraussetzungen für eine erfolgreichere Marktbearbeitung mittels direkter Ansprache: gezeigt wird der Gap zwischen der Unternehmensperformance und dem Markt-Potenzial. Standort-Analyse: Wo sind heute Point of Sales (POS) erfolgreich? Im Gegensatz zur Penetrations-Karte geht die Analyse von den unternehmenseigenen Standort-Bedürfnissen aus. Optimale Standorte werden lokalisiert. Die Karte visualisiert Standort-Potenziale und bietet Vergleichswerte von bestehenden POS. Neben Unternehmens- und Zielgruppendaten wird hier auch die Konkurrenzsituation abgebildet. Praxis-Beispiel 1: Business-to-Business Die Mustermetall AG betreibt schweizweit an 15 Standorten Verkaufsläden (POS). Diese Abholmärkte für Industrie und Gewerbe sind historisch entstanden und decken jeweils eine größere Region ab. Untersucht wurden die bestehenden Standorte und zwar mit dem Ziel, konkrete Marktbearbeitungs-Maßnahmen zur besseren Potenzial-Abschöpfung mittels gezielten (Direkt-)Marketingaktionen zu eruieren.

Abb. 1 (siehe Buch) zeigt auf, in welcher Region die Mustermetall AG welche Marktdurchdringung hat und wo sich entsprechende (Direkt-)Marketingmaßnahmen lohnen. Ausgehend von den bestehenden Kunden lassen sich für jede Region punktgenau diejenigen Adressen hinzumieten, welche die gleichen Merkmale (wie die bestehenden Kunden) aufweisen. Denkbar sind weiter Mailings, welche pro POS verschickt werden – und zwar an potenzielle Kunden im Umkreis von fünf, zehn oder fünfzehn Minuten Anfahrtszeit (auf Wunsch sogar mit dem individuellen Anfahrtsweg im Mailing abgedruckt, ausgehend von der Adresse des potenziellen Kunden). Praxis-Beispiel 2: Business-to-Consumer Die ABC-Bank will in allen größeren Städten der Schweiz Beratungszentren einrichten. Diese sollen an zentralen Fußgängerzonen liegen, weil diese stark frequentiert sind. Die Aufgabenstellung besteht in diesem Fall also darin, optimale Straßenabschnitte zu bestimmen.

Abb. 2 (siehe Buch) zeigt, dass, bis auf einzelne Straßenzüge genau, Vorschläge für optimale Standorte ermittelt werden können. Speziell ist, dass dabei verschiedenste Kriterien berücksichtigt werden, wie Parkplätze, Besucherströme, Locations mit viel Traffic (zum Beispiel Bankomaten) und selbstverständlich auch die POS von Mitbewerbern. Klassisch oder virtuell? Weder noch. Interessant ist, dass Geomarketing bezüglich Einsatzmöglichkeiten und Flexibilität praktisch keine Grenzen kennt. Dies zeigen obige beiden Beispiele, aber auch die zahlreichen Praxiserfahrungen. Festzustellen ist, dass mit der steigenden Verbreitung von Customer Relationship Management (CRM) und der damit einhergehenden Nachfrage nach Transparenz und Datenauswertungen aber auch Direktmarketing das Geomarketing rasant an Bedeutung zunimmt. Dies hängt vor allem auch mit folgenden Vorteilen zusammen: - Reduktion der Komplexität durch aussagekräftige Karten statt Zahlenberge. - Zeitgewinn bei komplexen (Direkt-)Marketing-Fragestellungen auf allen Ebenen (strategisch und operativ). - Unabhängigkeit von eigenen Daten (wobei gut gepflegte eigene Kundendaten sicherlich von Vorteil – jedoch kein Muss – sind). - Erweiterung des Betrachtungsraumes: von den eigenen Kunden zum gesamten Markt - Markttransparenz und Aufdecken von verborgenen Potenzialen. - Hohe Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit bei den modernen Geomarketing Tools. - Finden von neuen Handlungsfeldern und Reservepotenzialen, die mittels Direktmarketing gezielt angegangen werden können. - Sicherung des strategisch-nachhaltigen Erfolges. - Wahrnehmen von Veränderungen im Verkaufsgebiet über die Zeit.

 

Literatur

[1] Vector 2000, Swisstopo, AZ Direct (Schweiz) AG.

[2] GEOLineMap, TeleAtlas, Swisstopo (DV063915), AZ Direct (Schweiz) AG. Belz C., Bieger T.: Customer Value. Kundenvorteile schaffen Unternehmensvorteile. – Redline Wirtschaft, Frankfurt, 2004. Brasch C.-M., Köder K., Rapp, R.: Praxishandbuch Kundenmanagement. – Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2007. Farris P. W. et al.: Marketing messbar machen. Die 50 wichtigsten Methoden aus dem Marketing, die jeder Manager kennen sollte. – Pearson Business, München, 2007. Huldi C., Kuhfuss H.: Ratgeber Database-Marketing, Die Database im (Direkt-) Marketing. Vom notwendigen Übel zum Erfolgsinstrument. – Verlag A+O des Wissens, Zürich und Hamburg, 2000. Preissner A.: Marketing- und Vertriebssteuerung. Planung und Kontrolle mit Kennzahlen und Balanced Scorecard. – Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2. Aufl., 2002. Reichheld F., Seidensticker F-J.: Die ultimative Frage: Mit dem Net Promoter Score zu loyalen Kunden und profitablem Wachstum. – Carl Hanser Verlag, 2006. Stadelmann M., Wolter S., Troesch M.: Customer Relationship Management. – Verlag Industrielle Organisation, Zürich, 2008. Swiss Post International: AddressGuide. Privat- und Firmenadressen aus 22 Ländern. – Ausgabe 2007-2008. Vgl. auch: www.swisspost.com/addressguide .

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Dr. Christian Huldi ist einer der führenden Experten in: CEX, CRM, strategisches Dialog-Marketing sowie Database-Marketing & Kunden-Datenqualität..