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Frictionless Economy oder der Wettbewerb im Unterbewusstsein

Wo findet Wettbewerb statt? Auf dem Markt! Und wie reguliert sich der Markt? Über den Preis! Das wären Antworten der klassischen Ökonomie.
© freepik / ArthurHidden
 

Doch ist es wirklich so einfach? Marco Schmid, Head of International Expansion Strategy von Swisscom Trust Services sucht nach Antworten und beleuchtet das Konzept der Frictionless Economy.

 

Der Mensch ist – auch als Konsument – kein völlig rationales Wesen, kein homo oeconomicus, wie ihn die Wirtschaftswissenschaft konstruiert hat. Gefühle und das Unterbewusstsein spielen bei Kaufentscheidungen und der Nutzung von Online-Diensten eine wichtige Rolle. In der Welt der werbefinanzierten sozialen Medien kann der seinen Profit maximieren, dem es gelingt, den Nutzer möglichst lange auf der eigenen Plattform zu halten. Längere Nutzungsdauer entspricht mehr gesehenen Anzeigen – so die simple Logik. Dafür muss die Nutzung einer App oder Website ein gutes Gefühl erzeugen, Lust auf mehr machen. Die Qualität der Inhalte ist dabei das eine, um den Nutzer zu binden, der einfache Zugang das andere. Um eine Chance zu haben, müssen die entsprechenden Apps intuitiv zu bedienen sein. Beim Online-Shopping ist es ein ähnliches Bild. Preise sind meist so scharf kalkuliert, dass eine Differenzierung allein darüber schwierig wird. Faktoren wie der Standort, die im stationären Handel noch eine große Rolle spielen, sind irrelevant. Umso wichtiger ist dafür die Erfahrung, die ein Kunde macht: Ist sie gut, kommt er wieder.

Ein Prozess ist dann perfekt, wenn ihn der Kunde nicht bemerkt

„Wenn du willst, dass Leute etwas öfter tun, verringere die Reibung. Wenn du willst, dass sie etwas seltener tun, erhöhe sie.“ Dieses Zitat von Jeff Bezos fasst die Philosophie zusammen, nach der Unternehmen wie Apple und Amazon ihre gesamte Produktentwicklung ausrichten: Frictionless Design. Jeder Bedienschritt soll nahtlos in den nächsten übergehen, alle Prozesse müssen möglichst zuverlässig, schlank und intuitiv sein. In Sachen Nutzererfahrung setzen die Anbieter auf diese Weise fortlaufend neue Standards. An ihre reibungslos funktionierende Hard- und Software haben sich Konsumenten so sehr gewöhnt, dass sie auch Produkten und Dienstleistungen aus anderen Bereichen mit einem neuen Anspruchsdenken begegnen. Für Unternehmen aller Branchen birgt das eine enorme Herausforderung – mit der richtigen Herangehensweise aber auch neue Chancen. Ein Händler, der sich durch exzellenten Service differenziert und sich damit einen loyalen Kundenkreis aufbaut, kann der ewigen Rabattschlacht vielleicht gelassener gegenüberstehen.

„Loyalität aufbauen“ – das wird in jedem Marketing-Ratgeber beschworen, ist in der Praxis allerdings eine Herausforderung. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass es dabei nicht nur um große Themen, wie Markenwahrnehmung, Produktqualität, Unternehmensverantwortung, etc. geht, sondern auch um ganz profane und alltägliche Dinge, die sich oft auch im Unterbewussten abspielen. Das schlimmste, was man seinem Online Business antun kann, ist es, den Kunden zu nerven. Und dafür gibt es leider viele Wege. Frustration bei Konsumenten ist oft die Summe aus vielen einzelnen Kleinigkeiten. Die Seite lädt zu lange, man muss Daten doppelt eingeben, ausgerechnet die gewünschte Bezahlmethode ist nicht verfügbar… – wer hätte nicht noch etwas zu dieser Liste zu ergänzen? Dem gegenüber steht die One-Click-Bestellung. Im Prinzip geschieht dort genau das gleiche, nur der Kunde bekommt davon gar nichts mehr mit.

Schmiermittel für die Customer Journey

Reibungspotential gibt es viel im Internet und schlechte Erfahrungen brennen sich bei Kunden ein, werden bewusst oder unbewusst mit einer bestimmten Marke oder einem bestimmten Händler verbunden. Besonders ärgerlich für letztere, wenn die schlechte User Experience gar nicht per se ihre Schuld ist. Wer wird es seinem Metzger ankreiden, wenn er in der Vorweihnachtszeit vor der Filiale Schlange steht, weil zehn weitere Kunden ebenfalls den vorbestellten Festtagsbraten abholen wollen? Geht ein Online Shop in die Knie, sieht der Kunde nicht, wo das Problem liegt – vielleicht beim Provider oder gar im eigenen Netzwerk, vielleicht ist es aber auch Überlastung – es dürfte ihm aber auch völlig egal sein. Die schlechte Erfahrung wird dennoch mit dem bestimmten Shop verbunden.

Besonders ärgerlich wird es, wenn auch noch ein Medienbruch im Transaktionsprozess involviert ist. Die Eröffnung eines Girokontos etwa kann heute zwar online beantragt werden, funktioniert ansonsten aber bei vielen Banken nicht wesentlich anders als noch vor 20 Jahren. Die Willensbekundung erfolgt weiterhin per Unterschrift auf Papier, weshalb Neukunden eine Bankfiliale aufsuchen oder ihren Vertrag per Post einschicken müssen. Ein weiteres Beispiel aus einer hoch-regulierten Umgebung sind E-Health-Angebote. Ärzte stellen noch immer Rezepte in Papierform aus, die dann in der Apotheke entziffert werden müssen. Möchte ein Patient seine Medikamente online bestellen, muss er in der Regel das Rezept postalisch einsenden.

Mit der qualifizierten elektronischen Signatur steht eine Möglichkeit zur Verfügung, auch diese Prozesse vollständig zu digitalisieren, die strengen Regulatorien und Auflagen sowie der Schriftform unterliegen. Bei dem Verfahren laufen kryptographische Prozesse ab, die die Integrität garantieren. Dem Kunden kann (und wird) das in den meisten Fällen aber egal sein. Für ihn zählt: ein rechtsgültiger Vertrag kann direkt online geschlossen werden. Anbieter müssen sich im Übrigen auch nicht im Detail mit dem Verfahren befassen, da es von einem Qualified Trust Service Provider bereitgestellt wird. Dessen Zertifizierung garantiert die Einhaltung höchster Sicherheitsstandards sowie Rechtssicherheit. Lösungen wie die qualifizierte elektronische Signatur eliminieren Reibung und sind damit ein Baustein der Transaction Economy.

Alles Leben ist Problemlösen – alles Business auch

Wer die Probleme des Kunden löst und die Reibung beseitigt, der gewinnt im schonungslosen Wettbewerb von heute. Selbst in gesetzlich stark regulierten Bereichen können Unternehmen wirklich reibungslose Nutzererfahrungen schaffen und die Erwartungen von Konsumenten an eine einfache Customer Experience erfüllen. Entscheidend ist, dass sie konsequent auf Innovation setzen, nach effizienten digitalen Alternativen zu langwierigen analogen Verfahren suchen, ihre Prozesse verschlanken und im besten Fall für den Kunden unsichtbar machen. So werden sie nicht nur zu Vorreitern der Frictionless Economy, sondern können Wettbewerbsvorteile erringen, wo andere Probleme sehen.