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Was macht ein CX-Manager?

CX als neue Funktion in Organisationen - Der steile Weg zur Customer Centricity.
Bernhard Keller | 04.11.2019
Der CX-Manager: Führer zur Customer Centricity © Pixabay / Gerd Altmann
 

Ein Fachartikel von Bernhard Keller und Cirk Sören Ott

 

Das Ziel: Customer Centricity

‚Customer Centricity‘ ist ein altbekannter Begriff mit einer inzwischen elementaren Bedeutung: Dahinter steht die unternehmensweite Ausrichtung auf Kundenerwartungen und -bedürfnisse. Das Implementieren von Kundenerfahrungen in die Prozesse und eine stetige Verbesserung der Customer Experience soll maßgeblich zur Zielerreichung und letztlich Zukunftsfähigkeit des Unternehmens beitragen. Es ist keine neue Managementlehre, sondern die konsequente Umsetzung der Tatsache, dass die Kunden im digitalen Zeitalter eine nie dagewesene Einkaufs- und Urteilsmacht besitzen. Der Klick entscheidet, Waren sind austauschbar, die Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und Kunden ebenfalls, nur noch die im „Moment der Wahrheit“ erlebte Erfahrung differenziert die Leistungsanbieter.

 

Der Weg: CX-Management durch CX-Manager

Um ein Unternehmen auf den Weg zum Garanten optimaler Kundenerfahrungen zu bringen, müssen alle Mitarbeiter im Unternehmen, angefangen bei der kaum sichtbaren Reinigungskraft bis zum (ebenfalls oft kaum sichtbaren) CEO, einbezogen und motiviert werden. Diese Aufgabe kann ohne ausdrückliche Führung und Verantwortung durch die Unternehmensspitze nicht gelingen. Sie muss über Mitarbeiter mit besonderen Aufgaben, allgemein CX-Manager genannt, in und durch das Unternehmen getragen werden. Diese speziellen Mitarbeiter müssen über Abteilungs- und damit oft auch Kulturgrenzen hinweg agieren können, um die eigenen Kollegen aus den „Silos“ zu holen, um Barrieren gegen einvernehmliches Handeln („wir ziehen an einem Strang“) zu identifizieren oder um den Streit über die Kundenhoheit („mein Kunde – mein Bonus“) zu versachlichen. Den Mitarbeitern des CEM (Customer Experience Management) kommt damit die zentrale Koordination aller Aufgaben zu – was sehr gut gelingen kann, wie Wolfgang Weber in seinem Beitrag „Silogrenzen überwinden – CX-Management nachhaltig implementieren“ aufzeigt.

 

Marktforschung als Ursprung des CX-Managements

Touchpoint Management (TPM), die systematische Ausgestaltung und Steuerung aller Berührungspunkte zwischen Unternehmen und Kunden, ist zwar keine neue Disziplin, erfordert aber im Zuge der Digitalisierung umfassendere Analysen, welche Kontakte die „Kundenreisen“ eigentlich umfassen und welche Erfahrungen die Kunden dort machen und in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Die Analysen der Customer Journey sind in der Regel Ausgangspunkt der Kundenforschung und können mit den etablierten Mitteln der Marktforschung bewältigt werden. Auch die Segmentierung von Kundengruppen, visualisiert und mit einem prägnanten Namen versehen, neudeutsch als Persona bezeichnet, ist eine Aufgabe der Marktforschung. Die Identifizierung der für Kunden wie Unternehmen relevanten, weil entscheidungsdeterminierenden, Kontaktpunkte und der Einfluss ihrer Ausgestaltung auf den Gewinn ist ebenfalls eine Marktforschungsaufgabe.

Aus diesem Grund waren Marktforscher die primären Ansprechpartner im Unternehmen, um die ersten Schritte zur Kundenneuausrichtung einzuleiten. Und sind es immer noch. Doch eigentlich sind es keine Marktforscher mehr, denn ihre Aufgaben sind viel umfassender geworden. Deshalb führen die meisten Mitarbeiter, die mehr Kundenorientierung im Unternehmen bewirken sollen, auch die Bezeichnung CX-Manager, wobei die Buchstaben „CX“ in nicht mehr überschaubaren Kombinationen mit Bezeichnungen wie Manager, Division, Insights etc. geführt werden. Dieser Bezeichnungskomplexität folgt eine Vielfalt an Stellenbeschreibungen, wobei nicht immer deutlich wird, was ein CX-Manager eigentlich leisten muss – und kann.

 

Aus- und Weiterbildung im CE/CX-Management

Erfahrene CX-Manager beschreiben ihre Lehrjahre mit Trial and Error-Verfahren, mit „Stochern im Nebel“ der Unkenntnis, weil weder sie noch ihre Führungskräfte eine Gebrauchsanweisung für ihre Aufgaben hatten – bzw. teilweise diese schlicht nicht kannten, denn sie betraten ja Neuland. Hilfreich waren die Kenntnisse der Marktforscher, die die grundlegenden Instrumente beherrschen – und mit zunehmender Erfahrung die Aufgaben von TPM und CEM definierten. Nicht ohne Grund sind die heutigen Lehrgänge zur Aus- und Weiterbildung von Spezialisten aus Strategie- und Marktforschungsberatung entstanden. War bislang der CCXP (Certified Customer Experience Professional) der einzige Weg zu einer zertifizierten Ausbildung als CX-Manager, werden seit einiger Zeit auch Weiterbildungen in Deutschland angeboten. Der CX-Master ist beispielsweise ein Zertifikat, welches dokumentiert, dass der Absolvent (der zumeist mehrtägigen Kurse) theoretisches Wissen mit Fallbeispielen verknüpft erworben hat. Damit sollte er befähigt sein, eine Funktion als CX Leiter, CX Manager oder CX Botschafter einzunehmen. Besonders hervorzuheben ist dabei der Praxisteil, denn außer den Kongressen der CX-Dienstleistungsanbieter wie MaritzCX, Medallia, Qualtrics oder den Workshops und Webinaren von i-CEM oder cx/omni gibt es momentan kaum öffentliche Veranstaltungen, auf denen sich Praktiker untereinander austauschen können. Webinare der Anbieter füllen Wissenslücken, bieten aber außer den gewohnten Fragen & Antworten Nachklängen keinen Austausch. Während in englischer Sprache bereits unzählige Bücher publiziert wurden, sind Publikationen in Deutsch eher rar – vor allem, wenn es um Praxisberichte aus den Unternehmen geht. Umso wertvoller sind die Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen, auch wenn der Zertifizierungstitel allein kein Garant für Kompetenz sein kann.

 

Inhalte der Aus- und Weiterbildung

Welche Fortbildung auch immer Sie besuchen: Achten Sie darauf, dass die Trainer mit Praxisdokumentationen ihre Erfahrung unter Beweis stellen können und nicht nur einen Leitfaden präsentieren. Die Trainer sollten alle Schritte einer CX-Implementierung kennen, und besonders die Barrieren und Fallstricke bereits selbst erfahren haben. Nur dann können sie glaubhaft Lösungsbeispiele anbieten. Hilfreich ist auch die Möglichkeit der Unterstützung durch den Anbieter bei eigenen Schwierigkeiten, also individuelles Coaching oder direkte Beratung. Vielleicht versteht es der Anbieter auch, die Teilnehmer so untereinander zu vernetzen und mit Fortbildungsveranstaltungen immer wieder zusammenzuführen, dass auch Kooperationen im Unternehmensalltag möglich sind. Testen Sie den Anbieter ausgiebig vor der Bildungsmaßnahme. Eine Hilfe dazu bieten Glüsenkamp und Kollegen in ihrem detaillierten Beitrag „CX als neue Funktion in Organisationen – Was CX-Experten können müssen und wie man das Thema erfolgreich verankert“.

 

Zu den Inhalten

· Welche Aufgaben muss ein CX-Manager erfüllen können, um erfolgreich eine CX-Einführung und -Steuerung umsetzen zu können? Hier gilt es auch, Freiräume, Rückhalt von der Geschäftsführung und Verantwortung zu klären!

· Welche CX-Struktur bzw. -Organisation muss im Unternehmen vorhanden sein, um die Aufgaben über alle Abteilungen hinweg barrierefrei und ohne Zeitverzug gestalten zu können?

· Welche Barrieren gibt es in Unternehmen? Wie kann Silodenken überwunden werden? Wie sind Kollegen zu gewinnen, zu motivieren? Wie können typische Konflikte bewältigt werden?

· Gibt es bereits Vorstufen zu einem CX-System wie Kundenzufriedenheits- oder Kundenbindungsanalysen? Gibt es daraus Kennziffern zur Unternehmenssteuerung? Werden Mitarbeiter danach bonifiziert?

· Sollen Pilotprojekte durchgeführt werden? Welche Vor- und Nachteile können solche Piloten im Unternehmen haben?

· Welche Zeitspannen sind für die einzelnen Schritte realistisch, woran ist ein Fortschritt erkennbar?

· Welche unternehmensinternen Möglichkeiten zur CX-Kommunikation stehen zur Verfügung oder sollten geschaffen werden?

· Wie kann der Beitrag der CX-Aktivitäten für den Unternehmenserfolg und damit für die Sicherung der Arbeitsplätze berechnet und dokumentiert werden?

· Welche Methoden stehen aus der Werkzeugkiste des Customer Journey Mappings und der Persona-Segmentierung zur Verfügung, welche Vor- und Nachteile sind zu berücksichtigen, und welche Methoden lassen sich schnell und ohne großen Aufwand im Unternehmen einsetzen? Stichwort: Quick Wins!

· Welche Metriken sind bereits vorhanden und müssen / können weiter genutzt werden? Welche Vor- und Nachteile weisen einzelne Messverfahren auf? Ist der NPS das gelobte Land, nur weil der Schwarm angeblich intelligent ist?

· Wie soll mit dem Feedback der Kunden umgegangen werden? Bleibt es bei der Prozessoptimierung oder sollen auch direkte Rückmeldungen an die Kunden erfolgen (Closed Loop) und die Wirkung gemessen werden?

· Welche Anforderungen muss eine Software erfüllen, um alle Entscheidungsebenen und Zugriffsberechtigungen zeitnah und aussagekräftig beliefern zu können? Wie intensiv ist ein Drill Down möglich, können Zusammenhänge hergestellt werden und wie weit zurück können Kunden- bzw. Problemhistorien abgebildet werden? Welche Prozesse und Indikatoren können visualisiert werden? Kann die Software mit einem existierenden CRM-Programm verknüpft werden – und wenn ja, wie? Alles kein Hexenwerk, Christopher Harms und Oliver Skeide haben sehr detailliert die Aufgaben einer Software skizziert.

Wie auch immer Sie vorgehen: Fragen Sie nach Referenzen, fragen Sie ehemalige Teilnehmer, suchen Sie nach einschlägigen Publikationen – derer gibt es allerdings nicht so viele.

 

Quellenangaben:

Judith Glüsenkamp, Michael Kullmann & Torben Tietz: CX als neue Funktion in Organisationen – Was CX-Experten können müssen und wie man das Thema erfolgreich verankert, in: Touchpoint Culture 2019 – erscheint im Zeitraum Dezember 2019 / Januar 2020 im Haufe Verlag)

Christopher Harms & Oliver Skeide: Softwarelösungen für Touchpoint-Bewertung und Management, in: Bernhard Keller und Cirk Sören Ott (Hrsg.): Touchpoint Management, 2. Aufl. 2019

Wolfgang Weber: Silogrenzen überwinden – CX-Management nachhaltig implementieren, in: Touchpoint Culture 2019 – im Zeitraum Dezember 2019 / Januar 2020 im Haufe Verlag)