Glaubwürdigkeit durch Fachchinesisch?
Glaubwürdigkeit und die damit zusammenhängende Vertrauenswürdigkeit sind das wichtigste Kapital im technischen Vertrieb, in Beratung und Verkauf. Denn nur so kommt in den meisten Fällen ein Geschäft zustande.
Dabei ist Glaubwürdigkeit keine feststehende Eigenschaft, sondern eine Zuschreibung durch andere – nämlich potenzielle Käufer und Abnehmer. Auch die „Öffentlichkeit“ oder Medienvertreter gehören dazu. Doch was muss passieren, damit diese Menschen einen Firmenrepräsentanten und auch das hinter ihm stehende Unternehmen für glaubwürdig halten?
Wie Glaubwürdigkeit entsteht
In der sozialpsychologischen Fach-Literatur gibt es eine schlüssige Definition, was Glaubwürdigkeit ist: Der Empfänger einer Information muss das Verhalten des Kommunikators (Person, Institution oder Firma) für stimmig und den Inhalt von des-sen Aussage für wahr halten. Die Übermittlung der Information kann mündlich, schriftlich oder durch Medien erfolgen.
Ein Beispiel für eingeschränkte Glaubwürdigkeit
Am 27.01.2017 veröffentlichte T-Online auf seiner Seite eine Meldung mit der plakativen Überschrift „Das Vertrauen in das Internet ist erschüttert“. Thema des Beitrags ist die Browser-Erweiterung „Web of Trust“. Wer sich WOT im Browser seines Rechners oder Smartphones installiere, erhalte per Einblendung Informationen über die Vertrauenswürdigkeit angesurfter Internetseite. Doch das Programm diene auch dazu, Daten von Internetusern zu sammeln und auszuwerten. Mahnend hebt der Verfasser den imaginären Zeigefinger: „Das Anhäufen, Verkaufen und Vernetzen von Tracking-Daten birgt Gefahren. Datenschützer warnen vor Such- und Preisdiskriminierung ... Aber auch Geheimdienste fremder oder befreundeter Nationen könnten so Informationen erhalten.“
In einem Kommentar zum Beitrag heißt es: „Auch auf dieser Seite sind zur Zeit 18 Tracker aktiv. Nicht auf andere meckern, sondern Vorbild sein.“ Das Unternehmen versucht zwar, sich mit einen „Hinweis in eigener Sache“ für das Tracking zu rechtfertigen, doch es entsteht ein Störgefühl. Und zwar auch, wenn der Inhalt der Meldung für wahr gehalten wird. Grund: Das, was das Unternehmen von anderen fordert, erfüllt es selbst nicht. Da also einer der beiden Faktoren nicht erfüllt ist (Übereinstimmung von Worten und Handlungen), können Zweifel an den Motiven für die Veröffentlichung des Beitrags auf. Dies wird deutlich durch die Kommentare.
Auch weitere Faktoren beeinflussen die Frage, ob jemand als glaubwürdig eingeschätzt wird:
In der Technikbranche und auch bei anderen erklärungsbedürftigen Sachverhalten ist es sehr wichtig, dass z. B. ein Berater oder ein Vertriebsmensch von Kunden und Auftraggebern als fachlich kompetent eingeschätzt wird (Punkt „Expertise/Fachwissen). Mancher „Fachchinese“ versucht also, durch die Verwendung von „Technolatein“ zu zeigen, wie versiert und vertrauenswürdig er ist.
Verlust der Glaubwürdigkeit gerade durch „Fachchinesisch“
Doch genau daran scheitern viele Verkaufs- und Beratungsgespräche zwischen technischen Experten und Laien. Die Beteiligten sprechen unterschiedliche Sprachen sprechen. Der Projektleiter, Berater oder Vertriebler wählt das ihm bekannte „Technolatein“, während der Kunde nur „Bahnhof“ versteht.
Sowohl in Lehr-Lernkontexten als auch in Beratung und Verkauf ist dieser ungewollte Effekt denkbar ungünstig für den Spezialisten und sein Unternehmen. Es liegt also im Interesse von technologie-orientierten Firmen, dass ihre in Beratung, Schulung, Vertrieb oder Verkauf Beschäftigten in der Lage sind, komplexe Inhalte an Gesprächspartner ohne entsprechendes Vorwissen zu übermitteln.
Was passiert bei Gesprächen zwischen Experten und Laien?
Um nachzuvollziehen, was oft in der Experten-Laien-Kommunikation schief läuft, müssen beide Seiten betrachtet werden:
Experte (Berater, Vertriebsmitarbeiter, Schulungsbeauftragter ...)
• Möchte sein Fachwissen zeigen
• Befürchtet vielleicht, bei einfachen Erklärungen für inkompetent gehalten zu werden
• Will das Vertrauen des Gesprächspartners oder Publikums durch möglichst detaillierte Ausführungen gewinnen
• Gibt so viele Informationen wie möglich, damit der andere ihn versteht
Laie (Kunde, Kaufinteressent, Anwender ...)
• Hat bestimmte Fragen zu einer Leistung, einem Produkt oder Thema
• Fühlt sich bei komplizierten Ausführungen zunächst geschmeichelt, dass sein Gegenüber bei ihm ein bestimmtes Wissen voraussetzt
• Möchte sein „Gesicht“ wahren und traut sich deshalb nicht, nachzufragen
• Fühlt sich dumm und unterlegen – mag deshalb den anderen nicht mehr
Die Folge einer solchen Konstellation ist: Das eigentlich angestrebte Geschäft scheitert. Denn jeder Mensch möchte vor anderen gut dastehen und akzeptiert und geachtet werden. Und wer von einer anderen Person in ein schlechtes Licht gerückt wird – zum Beispiel durch einen Experten, der ihn verunsichert und dumm erscheinen lässt – zieht sich mit Groll vom anderen zurück.
Stellen Sie als Experte sich auf Ihr Gegenüber ein
Für Sie und Ihren Umgang mit in Ihrem Fachgebiet unerfahrenen Personen bedeutet das: Es verstößt gegen Ihr eigenes Interesse, unsympathisch zu wirken – wenn Ihr Gesprächspartner nämlich ärgerlich denkt: „Der ist aber arrogant. Er will mir wohl nur zeigen, dass er von der Sache mehr versteht als ich.“ Denn dann sind auch für Ihr Gegenüber auch nicht glaubwürdig.
Ihre Aufgabe als Berater besteht darin, zu erkennen, in wieweit ein Kunde Ihren Ausführungen folgen kann, und sich in Hinsicht auf Verständlichkeit auf ihn einzustellen. Die wichtigste Empfehlung lautet: Berücksichtigen Sie bei jedem Satz den Wissensstand Ihres Gegenübers!
Experten und Laien kommen von unterschiedlichen Planeten
Stellen Sie sich vor, Sie bekämen Besuch von einem russischen Geschäftsfreund, der nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügt. Wie würden Sie mit diesem Menschen reden? Bevor Sie etwas zu ihm sagen, überlegen Sie, welche Wörter und Begriffe der Russe wohl kennt. Dazu analysieren Sie innerhalb von Nanosekunden das, was er bereits in gebrochenem Deutsch von sich gegeben hat. Sie wählen bei Ihrer Kommunikation einfache Begriffe und nehmen notfalls Hände und Füße zur Hilfe, um sich verständlich zu machen. Gleichzeitig beobachten Sie sein Gesicht: Lächelt er etwas hilflos oder zuckt mit den Schultern, greifen Sie vielleicht zu einem Stück Papier und erstellen eine Zeichnung zur Verdeutlichung des Gesagten. Plötzlich blitzt es in seinen Augen auf und ein breites Grinsen erscheint auf seinem Gesicht. Ihre Botschaft ist angekommen!
Auch wenn Sie und Ihr junger Kollege die gleiche Nationalität haben und beide Deutsch oder Englisch reden, verfügen Sie jeweils über einen unterschiedlichen Wortschatz. Das, was der oder die Neue unter einem für Sie gängigen Begriff versteht, kann himmelweit von dem entfernt sein, was Sie als Experte damit meinen. Denn seine oder ihre Vorkenntnisse über das Gesprächsthema sind viel geringer als ihre. Sprachlich gesehen, stammen Sie beide aus unterschiedlichen Ländern. Deshalb gelten für die Experten-Laien-Kommunikation ähnliche Bedingungen wie für ein Gespräch zwischen Angehörigen verschiedener Nationalitäten.
Bei Erläuterungen aller Art kann eine ungeschickte Wortwahl zudem Verunsicherung bei Gesprächspartnern hervorrufen, was deren Bereitschaft mindert, den weiteren Ausführungen zu folgen.
Beobachten Sie Ihr Gegenüber genau
Als erklärender Experte sollten Sie erkennen, ob die Adressaten das Gesagte oder Gezeigte (Anwendungen am Bildschirm, Präsentationen ...) nachvollziehen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird nämlich der Versuch unternommen, Verstehensdefizite zu verbergen – sowohl vor dem Erklärenden als auch ggf. vor anderen Anwesenden (z. B. Vorgesetzte). Folgende Signale können ein Hinweis sein, dass verständlicheres Sprechen oder Präsentieren gefragt ist: Der technische Laie …
• schaut für längere Zeit im Raum herum und vermeidet den Blickkontakt
• bekommt glasige Augen und wirkt geistesabwesend
• wirkt unruhig und rutscht auf seinem Stuhl herum
• spielt gedankenverloren mit Gegenständen oder hantiert mit seinem Handy herum
• gibt mit monotoner Stimme Antworten wie („Ist klar!“, „Verstehe“, „Ah ja“ …)
Auch durch Kontrollfragen kann ermittelt werden, ob weiterer Erklärungsbedarf besteht. Doch Achtung: Die direkte Nachfrage, inwieweit jemand einen Sachverhalt verstanden hat, kann zu Verlegenheit und zu einer Notlüge führen. Deshalb ist Diplomatie gefordert. Eine Verständnisüberprüfung sollte immer mit „Ich möchte sicher sein, dass meine Erläuterungen richtig bei Ihnen ankommen“ oder „Damit wir von den gleichen Voraussetzungen ausgehen“ begründet werden. Das gleiche gilt für die Bitte, das Gehörte in eigenen Worten zusammenzufassen. Ebenfalls geeignet ist die Frage, welche der bisher erläuterten Schritte dem oder den anderen klar sind. Denn kaum jemand kann bei schwierigen Sachverhalten umreißen, was er nicht verstanden hat.
Fragen – der Schlüssel zur Welt Ihres Gesprächspartners
Um an Informationen über den Wissensstand Ihres Gegenübers zu gelangen, gibt es verschiedene Gesprächstechniken. Diese können Sie variabel und an die Situation angepasst im Gespräch mit Kunden einsetzen. Gezielte Fragen zu stellen, ist eine Möglichkeit. Denn dadurch lenken Sie den Gesprächsverlauf. Sprachlich gesehen, gibt es einen Unterschied zwischen so genannten „offenen“ und „geschlossenen“ Fragen. Die offene Frage beginnt meist mit einem W-Wort wie z. B. Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? oder auch „Inwieweit?“, „Inwiefern“ oder „in welcher Form“. Offene Fragen sind zum Beispiel:
• Welche Erwartungen haben Sie an unser Gespräch?
• Inwieweit bestehen Ihrerseits schon Erfahrungen mit unserem Produkt/der Software/…?
• Was wissen Sie schon über die XY-Technologie?
• Welche Aspekte des Themas interessieren Sie besonders?
Ein Hinweis zum Fragewort „Warum“: Eine so eingeleitete Frage hat oft einen anklagenden Unterton und drängt den anderen in die Defensive. Vielleicht erinnert es uns unbewusst an die Mutter, die mit nörgelnder Stimme fragte: „Warum hast du dein Zimmer immer noch nicht aufgeräumt?“ Die emotionale Reaktion auf eine Warum-Frage ist daher oft negativ. Ersetzen Sie dieses Reizwort besser durch das neutralere „Aus welchem Grund …?“.
Offene Fragen erfordern eine (mehr oder weniger) ausführliche Antwort, während geschlossene ganz einfach mit „Ja“, „Nein“ oder „Vielleicht“ beantwortet werden können. Beispiele:
• Was genau kennen Sie schon von unserem Produkt?
• Haben Sie schon einmal mit einem Software-programm zur …gearbeitet?
• Kennen Sie andere Programme/Produkte mit ähnlicher Funktion?
Die offene Frage ist gut geeignet, um schnell an eine größere Menge von Informationen zu gelangen. Die geschlossene Frage ist schnell „abgehakt“ und Sie müssen eine neue stellen. Formulieren Sie Ihre Fragen kurz und präzise. Erhalten Sie auf eine Frage keine oder nur eine ausweichende Antwort, wiederholen Sie sie nach einiger Zeit in anderen Worten. Reagiert der andere wieder mit einer vagen Aussage, begründen Sie den Sinn Ihrer Frage. Beispiel: „Da Sie in Ihrem alten Unternehmen mit einer anderen Software gearbeitet haben, möchte ich wissen, ob …?“
Wissenschaftler haben Kriterien entwickelt, an denen sich ablesen lässt, ob jemand die Äußerung eines anderen verstanden hat: Der Empfänger muss in der Lage sein,
• das Gehörte wiederzugeben,
• die Informationen in eigenen Worten an Dritte zu übermitteln,
• Fragen zu der Information richtig beantworten können,
• den Inhalt zusammenzufassen und
• die gehörten Anweisungen auszuführen.
Sind alle diese Kriterien erfüllt, ist Ihre Botschaft angekommen. Damit das gelingt, fünf abschließende Tipps, wie sich Experten noch besser auf Laien einstellen können:
• Kurze Sätze sind leichter zu erfassen als verschachtelte Bandwurmkonstruktionen.
• Es sollte beschrieben werden, was der Kunde bei der Anwendung der Technologie oder des Produktes sieht, hört, erlebt und tut. Wird er immer wieder einbezogen, fördert dies seine Aufmerksamkeit.
• Beispiele, Vergleiche, Zeichnungen und andere Visualisierungen verdeutlichen komplexe Inhalte. Wichtig ist dabei, dass Beispiele und Vergleichsobjekte aus der „Welt“ des Gesprächspartners stammen.
• Wichtige Fachbegriffe müssen erklärt werden. Manchmal kann es auch hilfreich sein, dem Gesprächspartner oder der Gruppe ein kleines schriftliches „Glossar“ (max. eine Seite) an die Hand zu geben. Der Spickzettel wird auf den Tisch gelegt.
• Der Laie sollte steuern, wie viele Informationen er bekommt. Weites Ausholen führt zu Verwirrung.
• Die Reduktion auf Wichtiges sorgt für Verständlichkeit, selbst wenn dadurch Informationen verloren gehen. Es ist besser, der Kunde versteht wenigstens ein Bisschen, statt nur „Bahnhof“.
Bildquelle: pixabay.com
Dabei ist Glaubwürdigkeit keine feststehende Eigenschaft, sondern eine Zuschreibung durch andere – nämlich potenzielle Käufer und Abnehmer. Auch die „Öffentlichkeit“ oder Medienvertreter gehören dazu. Doch was muss passieren, damit diese Menschen einen Firmenrepräsentanten und auch das hinter ihm stehende Unternehmen für glaubwürdig halten?
Wie Glaubwürdigkeit entsteht
In der sozialpsychologischen Fach-Literatur gibt es eine schlüssige Definition, was Glaubwürdigkeit ist: Der Empfänger einer Information muss das Verhalten des Kommunikators (Person, Institution oder Firma) für stimmig und den Inhalt von des-sen Aussage für wahr halten. Die Übermittlung der Information kann mündlich, schriftlich oder durch Medien erfolgen.
Ein Beispiel für eingeschränkte Glaubwürdigkeit
Am 27.01.2017 veröffentlichte T-Online auf seiner Seite eine Meldung mit der plakativen Überschrift „Das Vertrauen in das Internet ist erschüttert“. Thema des Beitrags ist die Browser-Erweiterung „Web of Trust“. Wer sich WOT im Browser seines Rechners oder Smartphones installiere, erhalte per Einblendung Informationen über die Vertrauenswürdigkeit angesurfter Internetseite. Doch das Programm diene auch dazu, Daten von Internetusern zu sammeln und auszuwerten. Mahnend hebt der Verfasser den imaginären Zeigefinger: „Das Anhäufen, Verkaufen und Vernetzen von Tracking-Daten birgt Gefahren. Datenschützer warnen vor Such- und Preisdiskriminierung ... Aber auch Geheimdienste fremder oder befreundeter Nationen könnten so Informationen erhalten.“
In einem Kommentar zum Beitrag heißt es: „Auch auf dieser Seite sind zur Zeit 18 Tracker aktiv. Nicht auf andere meckern, sondern Vorbild sein.“ Das Unternehmen versucht zwar, sich mit einen „Hinweis in eigener Sache“ für das Tracking zu rechtfertigen, doch es entsteht ein Störgefühl. Und zwar auch, wenn der Inhalt der Meldung für wahr gehalten wird. Grund: Das, was das Unternehmen von anderen fordert, erfüllt es selbst nicht. Da also einer der beiden Faktoren nicht erfüllt ist (Übereinstimmung von Worten und Handlungen), können Zweifel an den Motiven für die Veröffentlichung des Beitrags auf. Dies wird deutlich durch die Kommentare.
Auch weitere Faktoren beeinflussen die Frage, ob jemand als glaubwürdig eingeschätzt wird:
In der Technikbranche und auch bei anderen erklärungsbedürftigen Sachverhalten ist es sehr wichtig, dass z. B. ein Berater oder ein Vertriebsmensch von Kunden und Auftraggebern als fachlich kompetent eingeschätzt wird (Punkt „Expertise/Fachwissen). Mancher „Fachchinese“ versucht also, durch die Verwendung von „Technolatein“ zu zeigen, wie versiert und vertrauenswürdig er ist.
Verlust der Glaubwürdigkeit gerade durch „Fachchinesisch“
Doch genau daran scheitern viele Verkaufs- und Beratungsgespräche zwischen technischen Experten und Laien. Die Beteiligten sprechen unterschiedliche Sprachen sprechen. Der Projektleiter, Berater oder Vertriebler wählt das ihm bekannte „Technolatein“, während der Kunde nur „Bahnhof“ versteht.
Sowohl in Lehr-Lernkontexten als auch in Beratung und Verkauf ist dieser ungewollte Effekt denkbar ungünstig für den Spezialisten und sein Unternehmen. Es liegt also im Interesse von technologie-orientierten Firmen, dass ihre in Beratung, Schulung, Vertrieb oder Verkauf Beschäftigten in der Lage sind, komplexe Inhalte an Gesprächspartner ohne entsprechendes Vorwissen zu übermitteln.
Was passiert bei Gesprächen zwischen Experten und Laien?
Um nachzuvollziehen, was oft in der Experten-Laien-Kommunikation schief läuft, müssen beide Seiten betrachtet werden:
Experte (Berater, Vertriebsmitarbeiter, Schulungsbeauftragter ...)
• Möchte sein Fachwissen zeigen
• Befürchtet vielleicht, bei einfachen Erklärungen für inkompetent gehalten zu werden
• Will das Vertrauen des Gesprächspartners oder Publikums durch möglichst detaillierte Ausführungen gewinnen
• Gibt so viele Informationen wie möglich, damit der andere ihn versteht
Laie (Kunde, Kaufinteressent, Anwender ...)
• Hat bestimmte Fragen zu einer Leistung, einem Produkt oder Thema
• Fühlt sich bei komplizierten Ausführungen zunächst geschmeichelt, dass sein Gegenüber bei ihm ein bestimmtes Wissen voraussetzt
• Möchte sein „Gesicht“ wahren und traut sich deshalb nicht, nachzufragen
• Fühlt sich dumm und unterlegen – mag deshalb den anderen nicht mehr
Die Folge einer solchen Konstellation ist: Das eigentlich angestrebte Geschäft scheitert. Denn jeder Mensch möchte vor anderen gut dastehen und akzeptiert und geachtet werden. Und wer von einer anderen Person in ein schlechtes Licht gerückt wird – zum Beispiel durch einen Experten, der ihn verunsichert und dumm erscheinen lässt – zieht sich mit Groll vom anderen zurück.
Stellen Sie als Experte sich auf Ihr Gegenüber ein
Für Sie und Ihren Umgang mit in Ihrem Fachgebiet unerfahrenen Personen bedeutet das: Es verstößt gegen Ihr eigenes Interesse, unsympathisch zu wirken – wenn Ihr Gesprächspartner nämlich ärgerlich denkt: „Der ist aber arrogant. Er will mir wohl nur zeigen, dass er von der Sache mehr versteht als ich.“ Denn dann sind auch für Ihr Gegenüber auch nicht glaubwürdig.
Ihre Aufgabe als Berater besteht darin, zu erkennen, in wieweit ein Kunde Ihren Ausführungen folgen kann, und sich in Hinsicht auf Verständlichkeit auf ihn einzustellen. Die wichtigste Empfehlung lautet: Berücksichtigen Sie bei jedem Satz den Wissensstand Ihres Gegenübers!
Experten und Laien kommen von unterschiedlichen Planeten
Stellen Sie sich vor, Sie bekämen Besuch von einem russischen Geschäftsfreund, der nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügt. Wie würden Sie mit diesem Menschen reden? Bevor Sie etwas zu ihm sagen, überlegen Sie, welche Wörter und Begriffe der Russe wohl kennt. Dazu analysieren Sie innerhalb von Nanosekunden das, was er bereits in gebrochenem Deutsch von sich gegeben hat. Sie wählen bei Ihrer Kommunikation einfache Begriffe und nehmen notfalls Hände und Füße zur Hilfe, um sich verständlich zu machen. Gleichzeitig beobachten Sie sein Gesicht: Lächelt er etwas hilflos oder zuckt mit den Schultern, greifen Sie vielleicht zu einem Stück Papier und erstellen eine Zeichnung zur Verdeutlichung des Gesagten. Plötzlich blitzt es in seinen Augen auf und ein breites Grinsen erscheint auf seinem Gesicht. Ihre Botschaft ist angekommen!
Auch wenn Sie und Ihr junger Kollege die gleiche Nationalität haben und beide Deutsch oder Englisch reden, verfügen Sie jeweils über einen unterschiedlichen Wortschatz. Das, was der oder die Neue unter einem für Sie gängigen Begriff versteht, kann himmelweit von dem entfernt sein, was Sie als Experte damit meinen. Denn seine oder ihre Vorkenntnisse über das Gesprächsthema sind viel geringer als ihre. Sprachlich gesehen, stammen Sie beide aus unterschiedlichen Ländern. Deshalb gelten für die Experten-Laien-Kommunikation ähnliche Bedingungen wie für ein Gespräch zwischen Angehörigen verschiedener Nationalitäten.
Bei Erläuterungen aller Art kann eine ungeschickte Wortwahl zudem Verunsicherung bei Gesprächspartnern hervorrufen, was deren Bereitschaft mindert, den weiteren Ausführungen zu folgen.
Beobachten Sie Ihr Gegenüber genau
Als erklärender Experte sollten Sie erkennen, ob die Adressaten das Gesagte oder Gezeigte (Anwendungen am Bildschirm, Präsentationen ...) nachvollziehen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird nämlich der Versuch unternommen, Verstehensdefizite zu verbergen – sowohl vor dem Erklärenden als auch ggf. vor anderen Anwesenden (z. B. Vorgesetzte). Folgende Signale können ein Hinweis sein, dass verständlicheres Sprechen oder Präsentieren gefragt ist: Der technische Laie …
• schaut für längere Zeit im Raum herum und vermeidet den Blickkontakt
• bekommt glasige Augen und wirkt geistesabwesend
• wirkt unruhig und rutscht auf seinem Stuhl herum
• spielt gedankenverloren mit Gegenständen oder hantiert mit seinem Handy herum
• gibt mit monotoner Stimme Antworten wie („Ist klar!“, „Verstehe“, „Ah ja“ …)
Auch durch Kontrollfragen kann ermittelt werden, ob weiterer Erklärungsbedarf besteht. Doch Achtung: Die direkte Nachfrage, inwieweit jemand einen Sachverhalt verstanden hat, kann zu Verlegenheit und zu einer Notlüge führen. Deshalb ist Diplomatie gefordert. Eine Verständnisüberprüfung sollte immer mit „Ich möchte sicher sein, dass meine Erläuterungen richtig bei Ihnen ankommen“ oder „Damit wir von den gleichen Voraussetzungen ausgehen“ begründet werden. Das gleiche gilt für die Bitte, das Gehörte in eigenen Worten zusammenzufassen. Ebenfalls geeignet ist die Frage, welche der bisher erläuterten Schritte dem oder den anderen klar sind. Denn kaum jemand kann bei schwierigen Sachverhalten umreißen, was er nicht verstanden hat.
Fragen – der Schlüssel zur Welt Ihres Gesprächspartners
Um an Informationen über den Wissensstand Ihres Gegenübers zu gelangen, gibt es verschiedene Gesprächstechniken. Diese können Sie variabel und an die Situation angepasst im Gespräch mit Kunden einsetzen. Gezielte Fragen zu stellen, ist eine Möglichkeit. Denn dadurch lenken Sie den Gesprächsverlauf. Sprachlich gesehen, gibt es einen Unterschied zwischen so genannten „offenen“ und „geschlossenen“ Fragen. Die offene Frage beginnt meist mit einem W-Wort wie z. B. Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? oder auch „Inwieweit?“, „Inwiefern“ oder „in welcher Form“. Offene Fragen sind zum Beispiel:
• Welche Erwartungen haben Sie an unser Gespräch?
• Inwieweit bestehen Ihrerseits schon Erfahrungen mit unserem Produkt/der Software/…?
• Was wissen Sie schon über die XY-Technologie?
• Welche Aspekte des Themas interessieren Sie besonders?
Ein Hinweis zum Fragewort „Warum“: Eine so eingeleitete Frage hat oft einen anklagenden Unterton und drängt den anderen in die Defensive. Vielleicht erinnert es uns unbewusst an die Mutter, die mit nörgelnder Stimme fragte: „Warum hast du dein Zimmer immer noch nicht aufgeräumt?“ Die emotionale Reaktion auf eine Warum-Frage ist daher oft negativ. Ersetzen Sie dieses Reizwort besser durch das neutralere „Aus welchem Grund …?“.
Offene Fragen erfordern eine (mehr oder weniger) ausführliche Antwort, während geschlossene ganz einfach mit „Ja“, „Nein“ oder „Vielleicht“ beantwortet werden können. Beispiele:
• Was genau kennen Sie schon von unserem Produkt?
• Haben Sie schon einmal mit einem Software-programm zur …gearbeitet?
• Kennen Sie andere Programme/Produkte mit ähnlicher Funktion?
Die offene Frage ist gut geeignet, um schnell an eine größere Menge von Informationen zu gelangen. Die geschlossene Frage ist schnell „abgehakt“ und Sie müssen eine neue stellen. Formulieren Sie Ihre Fragen kurz und präzise. Erhalten Sie auf eine Frage keine oder nur eine ausweichende Antwort, wiederholen Sie sie nach einiger Zeit in anderen Worten. Reagiert der andere wieder mit einer vagen Aussage, begründen Sie den Sinn Ihrer Frage. Beispiel: „Da Sie in Ihrem alten Unternehmen mit einer anderen Software gearbeitet haben, möchte ich wissen, ob …?“
Wissenschaftler haben Kriterien entwickelt, an denen sich ablesen lässt, ob jemand die Äußerung eines anderen verstanden hat: Der Empfänger muss in der Lage sein,
• das Gehörte wiederzugeben,
• die Informationen in eigenen Worten an Dritte zu übermitteln,
• Fragen zu der Information richtig beantworten können,
• den Inhalt zusammenzufassen und
• die gehörten Anweisungen auszuführen.
Sind alle diese Kriterien erfüllt, ist Ihre Botschaft angekommen. Damit das gelingt, fünf abschließende Tipps, wie sich Experten noch besser auf Laien einstellen können:
• Kurze Sätze sind leichter zu erfassen als verschachtelte Bandwurmkonstruktionen.
• Es sollte beschrieben werden, was der Kunde bei der Anwendung der Technologie oder des Produktes sieht, hört, erlebt und tut. Wird er immer wieder einbezogen, fördert dies seine Aufmerksamkeit.
• Beispiele, Vergleiche, Zeichnungen und andere Visualisierungen verdeutlichen komplexe Inhalte. Wichtig ist dabei, dass Beispiele und Vergleichsobjekte aus der „Welt“ des Gesprächspartners stammen.
• Wichtige Fachbegriffe müssen erklärt werden. Manchmal kann es auch hilfreich sein, dem Gesprächspartner oder der Gruppe ein kleines schriftliches „Glossar“ (max. eine Seite) an die Hand zu geben. Der Spickzettel wird auf den Tisch gelegt.
• Der Laie sollte steuern, wie viele Informationen er bekommt. Weites Ausholen führt zu Verwirrung.
• Die Reduktion auf Wichtiges sorgt für Verständlichkeit, selbst wenn dadurch Informationen verloren gehen. Es ist besser, der Kunde versteht wenigstens ein Bisschen, statt nur „Bahnhof“.
Bildquelle: pixabay.com