Die Zukunft des Möbelhandels - Neue Konzepte für eine (fast) stagnierende Branche
In realer Nettorechnung hat der deutsche Einzelhandel um 2002 / 2003 seinen höchsten Umsatz mit knapp 400 Mrd. € Umsatz erreicht – ein Wert, der ebenso in netto-realer Rechnung in den nächsten Jahren wohl nicht mehr überschritten wird.
Der Wohn-Möbelabsatz erreichte bereits um 1996 seinen höchsten Umsatz in Deutschland mit gut 20 Mrd. €; seit dem ist ein Rückgang auf etwa 15,5 Mrd. € bis heute feststellbar mit nunmehr wieder leicht steigender Tendenz laut IFH Retail Consultants, Köln. Allerdings macht der deutsche Möbelhandel unter Hinzurechnung aller Spezialmöbelbereichen, wie Büromöbel und vor allen Dingen auch der Fachsortimente einen Gesamtumsatz von gut 40 Mrd. €.
Deutschland ist zwar Nutznießer des Euro und hat so die Finanzkrise recht schnell überwinden können durch eine Preisdisziplin, die vor allen Dingen auf einer Lohn- und Gehaltsdisziplin basierte. Das hat zu einer recht guten Exportkonjunktur und erhöhten Beschäftigung geführt, die Binnenkonjunktur wurde jedoch dadurch nur bedingt beeinflusst. Mangelnde Einkommenssteigerungen in Deutschland führen auch zu mangelnder Konsumgüternachfrage. Hinzu kommt, dass die Bevölkerungszahlen bereits seit einigen Jahren rückläufig sind und die Nachfrage sich immer stärker in den Dienstleistungsbereich verlagert, so dass für Konsumgüternachfrage und Einzelhandelsumsatz immer weniger zur Verfügung steht. Die Erkenntnis, dass die staatlichen Renten langfristig nicht ausreichen und kapitalbasierte Zweitrenten aufgebaut werden müssen, führt zu zusätzlicher Ersparnis mit den gleichen Effekten auf den Konsum. Die Abwrackprämie für neue Autos nach der letzten Finanzkrise hat ihr Übriges getan: Der Kampf um das Geld der Verbraucher hat zu Investitionen in 2 Mio. Autos geführt, die keineswegs bar beglichen, sondern in der Regel durch Kreditfinanzierungen gezahlt wurden, die noch heute bzw. bis noch ca. 2014 / 2015 nachwirken und so den Konsum weiter einschränken.
All diese Fakten führen dazu, dass sehr stark preiswerte, ja sogar billige Produkte verstärkt nachgefragt werden. Die Zunahme der Armut in Deutschland führt zu einem Rückgang des Mittelstandes – und der Mittelstand ist Konsumstand, was die Anschaffungsneigung weiterhin einschränken und den Zulauf zu den preiswerten Produkten stärken wird. Die Grenzen des Konsumgüterwachstums sind in Deutschland erreicht, die Einkommen werden für andere Zwecke verwendet.
Insbesondere im Möbelhandel, aber auch in verwandten Bereichen wie etwa den Bau- und Heimwerkermärkten, hat die stagnierende Umsatzentwicklung die Händler dazu verleitet, ihre Verkaufsflächen übermäßig auszuweiten. Das gilt vor allen Dingen für Ostdeutschland, wo Möbel- und Do-it-yourself-Händler heute über die 3-fache Pro-Kopf-Fläche wie in Westdeutschland verfügen, aber nur 80 % des Kaufkraftniveaus. Flächenüberhänge verführen jedoch dazu, im Wettbewerb die Preise zu senken und so neben den zusätzlich gestiegenen Kosten auch die Renditeschraube nach unten zu drehen. Der Renditeverfall verstärkt die Wettbewerbssituation und wird mittelfristig in eine scharfe Konsolidierung der Handelslandschaft münden, die ja in anderen Branchen längst begonnen hat.
Preise sind im Wettbewerb kaum noch eine Waffe – sie sind niedrig und werden auch niedrig bleiben (müssen). In vielen Branchen versucht die Industrie selbst, die Sache in die Hand zu nehmen: Sie vertikalisiert sich und geht selbst in den Vertrieb an den Endverbraucher durch eigene Geschäfte, durch eigene Internetauftritte oder durch Systembildung wie Franchise mit entsprechenden Vertriebspartnern.
Unternehmen wie IKEA haben exzessiv die Nichtmöbelsortimente in ihren Unternehmen ausgeweitet und sind so in der Lage, dem mangelnden Möbelabsatz auszuweichen. Wenn ein neues Auto gekauft wird, werden keine Möbel gekauft, aber um das Wohnzimmer zu verschönern werden Accessoires auf die Regale gestellt – für „Nippes“ bleibt immer noch Geld über. Der klassische Möbelhandel in Deutschland hat jedoch diesen Zug weitgehend verpasst – nur etwa 12 % seines Umsatzes basiert auf Nichtmöbeln. So verzeichnet ihr Umsatz den auch eher Stagnation und Rückgänge, IKEA jedoch verbucht ungeahnte weitere Absatzerfolge. Irgendjemand dürfte da etwas falsch gemacht haben!?
Auch in den nächsten Jahren ist nicht damit zu rechnen, dass die Kaufkraft der Verbraucher steigen wird – und wenn es denn doch so wäre, ist es keineswegs sicher, dass sie zusätzliche Gelder für Möbel ausgeben. Außerdem ist dabei zu beachten, dass die Deutschen bereits die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben auf der Welt für Möbel und Wohnen haben: Etwa doppelt so viel wie in Frankreich und Italien. So gesehen stehen eher andere Sortimente für Ausgabensteigerungen an trotz Cocooning. Durch den Preiskampf in der Branche sinkt das Preisniveau und die mittleren Preislagen haben wich weiter nach unten verschoben. Die Mitte verschwindet jedoch keineswegs durch den Discountwettbewerb, sie wird nur anders: Sie ist niedriger oder definiert sich neu, indem zum Beispiel luxuriöse Produkte im Preis nach unten gezogen werden.
Über die Fachsortimente und Accessoires gelingt es jedoch dem neuen Vertriebsweg Internet immer stärker, in die Branche einzudringen. Erst Accessoires, dann Kleinmöbel, dann Einzelartikel gehobener Art und dann ganze Zimmer: So wird der Weg des Internets in den nächsten Jahren weiter verlaufen und zu einem entscheidenden neuen Wettbewerber werden. Wer hier nicht mitmacht, hat bereits verloren!
Frauen bestimmen immer mehr das Geschehen in den Familien, da sie über ein wesentlich höheres Bildungsniveau verfügen als noch vor 20 Jahren und sich nicht mehr in jeder Beziehung bestimmen lassen. Diese „neue“ Zielgruppe wird ergänzt durch die immer umfangreicher werdende Gruppe der Senioren und der Migranten, wobei letztere bereits knapp 20 % der Bevölkerung in Deutschland ausmachen. Hinzu kommen die Single-Haushalte: Im Jahre 2015 / 2020 dürften sie bereits 40 % aller Haushalt in Deutschland stellen. Alle diese Gruppen haben ein anderes Verständnis von Möbeln und Wohnen, als es bisher üblich war.
Es gibt keine Branchenkonjunktur – und das hat zur Folge, dass lediglich einzelne Firmen den Wettbewerb für sich entscheiden können. Damit kommen wir vom Massenmarkt zum Mikromarkt, vom Produktverkauf zum Problemlösen. Die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) erwarten eine neue Moral der Märkte und insbesondere die Senioren verlangen nach Nahversorgungskonzepten, da sie keine Lust haben, zum Einkaufen auf die Grüne Wiese zu fahren.
Alle diese Entwicklungen bedeuten, dass neue Strategieansätze für den Möbelhandel entwickelt werden müssen – neue Geschäftsmodelle und neue Formate. Vor allen diesen Überlegungen stehen zwei weitere Aspekte, die nicht übersehen werden dürfen:
1. Das Primat der Finanzen
2. Das Primat der Kosten und der Logistik
Die Finanzkrise hat gezeigt: wer nicht über ausreichend Liquidität und eine gute Finanzierung verfügt, steht als Erstes am Rand des Geschehens. Ausgangspunkt geeigneter finanzieller Mittel aus langfristiger Sicht ist jedoch eine entsprechende Kostensituation, die gerade im Möbelhandel sehr stark auch über die Logistik geprägt wird.
Die großen Möbelmärkte bilden globale Wohnwelten und sind durch starke Austauschbarkeit geprägt. Es fehlt eine Polarisierung der Konzepte und Differenzierung der Formate. Der Handel muss sich verstärkt selbst zur Marke machen, und wenn es ihm dazu nicht reicht, muss er das Ziel über die Verbundgruppe erreichen – über die Dachmarker einer Verbundgruppe. Der Möbelhandel muss verstärkt dort hingehen, wo die Verbraucher sind – d. h. in die Innenstädte und Einkaufzentren. Dazu bedarf es aber anderer Formate und keiner großen Paläste. Formate mit 500 – 2.000 m² müssen für diese Lagen entwickelt werden. Das bedeutet automatisch, dass nur Auszüge aus dem Sortiment gezeigt werden können, aber im Rahmen des Internets, der Bildschirm- und Katalogpräsentationen können auch in kleineren Läden Komplettsortimente angeboten werden. Kleinere Läden können recht gut als Satellitenkonzepte von Großmärkten auf der Grünen Wiese aufgebaut werden. Easy-to-shop ist gefragt – die Einfachheit beim Einkaufen. Dazu zählen auch PoS-Medien wie Instore-TV, aber auch und immer stärker eine Emotionalisierung der Konzepte. Der Mensch ist ein emotionales Wesen und möchte auch beim Einkauf emotional angesprochen und bedient werden. Dazu gehören zusätzliche elektronisch angebotene Dienstleistungen und Services, aber auch immer mehr Inhouse-Dienstleistungen. Dies können neue Sortimente sein und das Thema Category Migration, also das Eindringen in Fremdsortimente, wird sich in Zukunft eher verstärken als vermindern. Rollierende Sortimente auf modularen Shopflächen, wie es die Discounter in ihren Mittelgängen machen, werden in Zukunft auch im Möbelhandel zu finden sein, vor allem in frequenz-orientierten Standorten.
Um junge Leute anzusprechen, wird es unumgänglich sein, das Thema Social Marketing bis hin zu Auftritten bei Facebook und Twitter in das Möbelmarketing zu integrieren. Der Kunde verlangt häufig mehr als der einzelne Händler kann, aber um den Kunden nicht zu verlieren, wird er es trotzdem anbieten müssen und dafür bieten sich Partnerschaften an – Partnerschaften auf der einen Seite durch Verbundgruppen, aber auch durch Vertikalisierung mit der Industrie im Sinne von Concessions / Konsignation für Flächenpartnerschaften, auf der anderen Seite dann auch mit Spezialisten, die etwa im Dienstleistungs- und Servicebereich oder im Bereich der Fachsortimente Shops in die Läden integrieren.
Wie schon gesagt, müssen neue Geschäftsmodelle, neue Formate entwickelt werden. Der Begriff der Betriebsformen strukturiert den Handel mithilfe ausgewählter Kriterien wie Größe, Verkaufsfläche, Bedienungsprinzip, Sortimentstiefe in grobe Strukturen wie Fachhandel, Warenhäuser, Versender, Discounter usw. Der Betriebstyp bildet eine Untergruppierung einer einzelnen Betriebsform; so ist z. B. das Küchenfachgeschäft ein Betriebstyp der Betriebsform Möbelfachgeschäft. Das Format geht noch einen Schritt weiter: Es ist die Beschreibung einer unternehmensspezifischen Form eines solchen Geschäftes, z. B. das Format „Reddy“ von Musterhaus Küchen oder das Format „Plana“ vom entsprechenden Anbieter. Das Format ist so gesehen die konkrete Beschreibung eines real existierenden oder geplanten Geschäftes. Die neuen Technologien wie Internet, aber auch Mobiltechniken, Near-Field-Communication (NFC) oder Digital Signage werden dazu beitragen, neue Formate zu bilden. Nicht nur die Preispolitik oder die Bedienungsform spielt so gesehen hier eine entscheidende Rolle. Es muss Formate geben für Nischen, für die Nahversorgung, für Problemlösungen, aber auch für Emotionen und Lifestyle-Angebote. IKEA bietet Lifestyle und Originalität – weshalb gibt es kein Äquivalent für andere Sparten von Möbeln? Biomöbel Genske in Köln ist ein Format für Green Business im Möbelsegment, Nachahmer sind bisher wenige bekannt. Es fehlen Formate für eine Neue Mitte oder Formate durch neue Sortimentsbildungsprinzipien: Bekleidung muss nicht von Bekleidungsständern verkauft werden, sie kann auch aus Möbel heraus verkauft werden – und so lassen sich völlig neue Kombinationen bilden, so absurd sie auch auf den ersten Blick aussehen mögen. In Berlin gibt es Blumenhändler, die über ein Café verfügen und zugleich Bücher verkaufen. In Baumärkten werden Weine angeboten. Wann kommen neue Konzepte für den Möbelvertrieb, die die Kernsortimente neu darstellen und nicht nur die Accessoires?
Multi-Channel wird immer wichtiger, stationärer Vertrieb, Kataloge, Internetdarstellungen, mobile Angebote, aber auch Couponing oder Shopping-Klubs sind nur Stichworte für all das, was kommen wird, kommen muss, aber noch viel zu wenig angegangen wird.
Aus der anderen Seite wird es auch neue Discountvertriebsformen geben, die auf der Basis von RFID (Radio Frequency IDentification) zu völlig neuen Discountformaten führen, da Unternehmen dann, wenn alle Produkte mit Chips versehen sind, prinzipiell auf Personal verzichten könnten und so im absoluten Niedrigbereich zu operieren in der Lage wären.
Möbelpaläste von 30.000, 50.000 oder demnächst vielleicht auch 100.000 m² Verkaufsfläche werden nicht untergehen, sie bilden jedoch eine eigene Welt für sich. Die Nachfrage der Verbraucher ist nicht unbedingt massenorientiert und so wird in der Vielfalt die Zukunft der Branche liegen.
In der Studie „ZUKUNFT DES MÖBELHANDELS UND -VERTRIEBS“ legt die Ulrich Eggert Consulting, Köln, auf über 60 Seiten Methoden, Ideen, Konzepte und Strategien vor, wie der Möbelhandel in Zukunft sich fortentwickeln kann. Die Studie steht zum kostlosen Download bereit auf www.ulricheggert.de.
Der Wohn-Möbelabsatz erreichte bereits um 1996 seinen höchsten Umsatz in Deutschland mit gut 20 Mrd. €; seit dem ist ein Rückgang auf etwa 15,5 Mrd. € bis heute feststellbar mit nunmehr wieder leicht steigender Tendenz laut IFH Retail Consultants, Köln. Allerdings macht der deutsche Möbelhandel unter Hinzurechnung aller Spezialmöbelbereichen, wie Büromöbel und vor allen Dingen auch der Fachsortimente einen Gesamtumsatz von gut 40 Mrd. €.
Deutschland ist zwar Nutznießer des Euro und hat so die Finanzkrise recht schnell überwinden können durch eine Preisdisziplin, die vor allen Dingen auf einer Lohn- und Gehaltsdisziplin basierte. Das hat zu einer recht guten Exportkonjunktur und erhöhten Beschäftigung geführt, die Binnenkonjunktur wurde jedoch dadurch nur bedingt beeinflusst. Mangelnde Einkommenssteigerungen in Deutschland führen auch zu mangelnder Konsumgüternachfrage. Hinzu kommt, dass die Bevölkerungszahlen bereits seit einigen Jahren rückläufig sind und die Nachfrage sich immer stärker in den Dienstleistungsbereich verlagert, so dass für Konsumgüternachfrage und Einzelhandelsumsatz immer weniger zur Verfügung steht. Die Erkenntnis, dass die staatlichen Renten langfristig nicht ausreichen und kapitalbasierte Zweitrenten aufgebaut werden müssen, führt zu zusätzlicher Ersparnis mit den gleichen Effekten auf den Konsum. Die Abwrackprämie für neue Autos nach der letzten Finanzkrise hat ihr Übriges getan: Der Kampf um das Geld der Verbraucher hat zu Investitionen in 2 Mio. Autos geführt, die keineswegs bar beglichen, sondern in der Regel durch Kreditfinanzierungen gezahlt wurden, die noch heute bzw. bis noch ca. 2014 / 2015 nachwirken und so den Konsum weiter einschränken.
All diese Fakten führen dazu, dass sehr stark preiswerte, ja sogar billige Produkte verstärkt nachgefragt werden. Die Zunahme der Armut in Deutschland führt zu einem Rückgang des Mittelstandes – und der Mittelstand ist Konsumstand, was die Anschaffungsneigung weiterhin einschränken und den Zulauf zu den preiswerten Produkten stärken wird. Die Grenzen des Konsumgüterwachstums sind in Deutschland erreicht, die Einkommen werden für andere Zwecke verwendet.
Insbesondere im Möbelhandel, aber auch in verwandten Bereichen wie etwa den Bau- und Heimwerkermärkten, hat die stagnierende Umsatzentwicklung die Händler dazu verleitet, ihre Verkaufsflächen übermäßig auszuweiten. Das gilt vor allen Dingen für Ostdeutschland, wo Möbel- und Do-it-yourself-Händler heute über die 3-fache Pro-Kopf-Fläche wie in Westdeutschland verfügen, aber nur 80 % des Kaufkraftniveaus. Flächenüberhänge verführen jedoch dazu, im Wettbewerb die Preise zu senken und so neben den zusätzlich gestiegenen Kosten auch die Renditeschraube nach unten zu drehen. Der Renditeverfall verstärkt die Wettbewerbssituation und wird mittelfristig in eine scharfe Konsolidierung der Handelslandschaft münden, die ja in anderen Branchen längst begonnen hat.
Preise sind im Wettbewerb kaum noch eine Waffe – sie sind niedrig und werden auch niedrig bleiben (müssen). In vielen Branchen versucht die Industrie selbst, die Sache in die Hand zu nehmen: Sie vertikalisiert sich und geht selbst in den Vertrieb an den Endverbraucher durch eigene Geschäfte, durch eigene Internetauftritte oder durch Systembildung wie Franchise mit entsprechenden Vertriebspartnern.
Unternehmen wie IKEA haben exzessiv die Nichtmöbelsortimente in ihren Unternehmen ausgeweitet und sind so in der Lage, dem mangelnden Möbelabsatz auszuweichen. Wenn ein neues Auto gekauft wird, werden keine Möbel gekauft, aber um das Wohnzimmer zu verschönern werden Accessoires auf die Regale gestellt – für „Nippes“ bleibt immer noch Geld über. Der klassische Möbelhandel in Deutschland hat jedoch diesen Zug weitgehend verpasst – nur etwa 12 % seines Umsatzes basiert auf Nichtmöbeln. So verzeichnet ihr Umsatz den auch eher Stagnation und Rückgänge, IKEA jedoch verbucht ungeahnte weitere Absatzerfolge. Irgendjemand dürfte da etwas falsch gemacht haben!?
Auch in den nächsten Jahren ist nicht damit zu rechnen, dass die Kaufkraft der Verbraucher steigen wird – und wenn es denn doch so wäre, ist es keineswegs sicher, dass sie zusätzliche Gelder für Möbel ausgeben. Außerdem ist dabei zu beachten, dass die Deutschen bereits die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben auf der Welt für Möbel und Wohnen haben: Etwa doppelt so viel wie in Frankreich und Italien. So gesehen stehen eher andere Sortimente für Ausgabensteigerungen an trotz Cocooning. Durch den Preiskampf in der Branche sinkt das Preisniveau und die mittleren Preislagen haben wich weiter nach unten verschoben. Die Mitte verschwindet jedoch keineswegs durch den Discountwettbewerb, sie wird nur anders: Sie ist niedriger oder definiert sich neu, indem zum Beispiel luxuriöse Produkte im Preis nach unten gezogen werden.
Über die Fachsortimente und Accessoires gelingt es jedoch dem neuen Vertriebsweg Internet immer stärker, in die Branche einzudringen. Erst Accessoires, dann Kleinmöbel, dann Einzelartikel gehobener Art und dann ganze Zimmer: So wird der Weg des Internets in den nächsten Jahren weiter verlaufen und zu einem entscheidenden neuen Wettbewerber werden. Wer hier nicht mitmacht, hat bereits verloren!
Frauen bestimmen immer mehr das Geschehen in den Familien, da sie über ein wesentlich höheres Bildungsniveau verfügen als noch vor 20 Jahren und sich nicht mehr in jeder Beziehung bestimmen lassen. Diese „neue“ Zielgruppe wird ergänzt durch die immer umfangreicher werdende Gruppe der Senioren und der Migranten, wobei letztere bereits knapp 20 % der Bevölkerung in Deutschland ausmachen. Hinzu kommen die Single-Haushalte: Im Jahre 2015 / 2020 dürften sie bereits 40 % aller Haushalt in Deutschland stellen. Alle diese Gruppen haben ein anderes Verständnis von Möbeln und Wohnen, als es bisher üblich war.
Es gibt keine Branchenkonjunktur – und das hat zur Folge, dass lediglich einzelne Firmen den Wettbewerb für sich entscheiden können. Damit kommen wir vom Massenmarkt zum Mikromarkt, vom Produktverkauf zum Problemlösen. Die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) erwarten eine neue Moral der Märkte und insbesondere die Senioren verlangen nach Nahversorgungskonzepten, da sie keine Lust haben, zum Einkaufen auf die Grüne Wiese zu fahren.
Alle diese Entwicklungen bedeuten, dass neue Strategieansätze für den Möbelhandel entwickelt werden müssen – neue Geschäftsmodelle und neue Formate. Vor allen diesen Überlegungen stehen zwei weitere Aspekte, die nicht übersehen werden dürfen:
1. Das Primat der Finanzen
2. Das Primat der Kosten und der Logistik
Die Finanzkrise hat gezeigt: wer nicht über ausreichend Liquidität und eine gute Finanzierung verfügt, steht als Erstes am Rand des Geschehens. Ausgangspunkt geeigneter finanzieller Mittel aus langfristiger Sicht ist jedoch eine entsprechende Kostensituation, die gerade im Möbelhandel sehr stark auch über die Logistik geprägt wird.
Die großen Möbelmärkte bilden globale Wohnwelten und sind durch starke Austauschbarkeit geprägt. Es fehlt eine Polarisierung der Konzepte und Differenzierung der Formate. Der Handel muss sich verstärkt selbst zur Marke machen, und wenn es ihm dazu nicht reicht, muss er das Ziel über die Verbundgruppe erreichen – über die Dachmarker einer Verbundgruppe. Der Möbelhandel muss verstärkt dort hingehen, wo die Verbraucher sind – d. h. in die Innenstädte und Einkaufzentren. Dazu bedarf es aber anderer Formate und keiner großen Paläste. Formate mit 500 – 2.000 m² müssen für diese Lagen entwickelt werden. Das bedeutet automatisch, dass nur Auszüge aus dem Sortiment gezeigt werden können, aber im Rahmen des Internets, der Bildschirm- und Katalogpräsentationen können auch in kleineren Läden Komplettsortimente angeboten werden. Kleinere Läden können recht gut als Satellitenkonzepte von Großmärkten auf der Grünen Wiese aufgebaut werden. Easy-to-shop ist gefragt – die Einfachheit beim Einkaufen. Dazu zählen auch PoS-Medien wie Instore-TV, aber auch und immer stärker eine Emotionalisierung der Konzepte. Der Mensch ist ein emotionales Wesen und möchte auch beim Einkauf emotional angesprochen und bedient werden. Dazu gehören zusätzliche elektronisch angebotene Dienstleistungen und Services, aber auch immer mehr Inhouse-Dienstleistungen. Dies können neue Sortimente sein und das Thema Category Migration, also das Eindringen in Fremdsortimente, wird sich in Zukunft eher verstärken als vermindern. Rollierende Sortimente auf modularen Shopflächen, wie es die Discounter in ihren Mittelgängen machen, werden in Zukunft auch im Möbelhandel zu finden sein, vor allem in frequenz-orientierten Standorten.
Um junge Leute anzusprechen, wird es unumgänglich sein, das Thema Social Marketing bis hin zu Auftritten bei Facebook und Twitter in das Möbelmarketing zu integrieren. Der Kunde verlangt häufig mehr als der einzelne Händler kann, aber um den Kunden nicht zu verlieren, wird er es trotzdem anbieten müssen und dafür bieten sich Partnerschaften an – Partnerschaften auf der einen Seite durch Verbundgruppen, aber auch durch Vertikalisierung mit der Industrie im Sinne von Concessions / Konsignation für Flächenpartnerschaften, auf der anderen Seite dann auch mit Spezialisten, die etwa im Dienstleistungs- und Servicebereich oder im Bereich der Fachsortimente Shops in die Läden integrieren.
Wie schon gesagt, müssen neue Geschäftsmodelle, neue Formate entwickelt werden. Der Begriff der Betriebsformen strukturiert den Handel mithilfe ausgewählter Kriterien wie Größe, Verkaufsfläche, Bedienungsprinzip, Sortimentstiefe in grobe Strukturen wie Fachhandel, Warenhäuser, Versender, Discounter usw. Der Betriebstyp bildet eine Untergruppierung einer einzelnen Betriebsform; so ist z. B. das Küchenfachgeschäft ein Betriebstyp der Betriebsform Möbelfachgeschäft. Das Format geht noch einen Schritt weiter: Es ist die Beschreibung einer unternehmensspezifischen Form eines solchen Geschäftes, z. B. das Format „Reddy“ von Musterhaus Küchen oder das Format „Plana“ vom entsprechenden Anbieter. Das Format ist so gesehen die konkrete Beschreibung eines real existierenden oder geplanten Geschäftes. Die neuen Technologien wie Internet, aber auch Mobiltechniken, Near-Field-Communication (NFC) oder Digital Signage werden dazu beitragen, neue Formate zu bilden. Nicht nur die Preispolitik oder die Bedienungsform spielt so gesehen hier eine entscheidende Rolle. Es muss Formate geben für Nischen, für die Nahversorgung, für Problemlösungen, aber auch für Emotionen und Lifestyle-Angebote. IKEA bietet Lifestyle und Originalität – weshalb gibt es kein Äquivalent für andere Sparten von Möbeln? Biomöbel Genske in Köln ist ein Format für Green Business im Möbelsegment, Nachahmer sind bisher wenige bekannt. Es fehlen Formate für eine Neue Mitte oder Formate durch neue Sortimentsbildungsprinzipien: Bekleidung muss nicht von Bekleidungsständern verkauft werden, sie kann auch aus Möbel heraus verkauft werden – und so lassen sich völlig neue Kombinationen bilden, so absurd sie auch auf den ersten Blick aussehen mögen. In Berlin gibt es Blumenhändler, die über ein Café verfügen und zugleich Bücher verkaufen. In Baumärkten werden Weine angeboten. Wann kommen neue Konzepte für den Möbelvertrieb, die die Kernsortimente neu darstellen und nicht nur die Accessoires?
Multi-Channel wird immer wichtiger, stationärer Vertrieb, Kataloge, Internetdarstellungen, mobile Angebote, aber auch Couponing oder Shopping-Klubs sind nur Stichworte für all das, was kommen wird, kommen muss, aber noch viel zu wenig angegangen wird.
Aus der anderen Seite wird es auch neue Discountvertriebsformen geben, die auf der Basis von RFID (Radio Frequency IDentification) zu völlig neuen Discountformaten führen, da Unternehmen dann, wenn alle Produkte mit Chips versehen sind, prinzipiell auf Personal verzichten könnten und so im absoluten Niedrigbereich zu operieren in der Lage wären.
Möbelpaläste von 30.000, 50.000 oder demnächst vielleicht auch 100.000 m² Verkaufsfläche werden nicht untergehen, sie bilden jedoch eine eigene Welt für sich. Die Nachfrage der Verbraucher ist nicht unbedingt massenorientiert und so wird in der Vielfalt die Zukunft der Branche liegen.
In der Studie „ZUKUNFT DES MÖBELHANDELS UND -VERTRIEBS“ legt die Ulrich Eggert Consulting, Köln, auf über 60 Seiten Methoden, Ideen, Konzepte und Strategien vor, wie der Möbelhandel in Zukunft sich fortentwickeln kann. Die Studie steht zum kostlosen Download bereit auf www.ulricheggert.de.